Auch nach Adoption Anspruch auf Information über leiblichen Vater

06.05.2022

Karlsruhe/Berlin (DAV). Kinder haben ein Recht auf das Wissen um ihre eigene Abstammung. Die leibliche Mutter eines adoptierten Kinds ist daher dazu verpflichtet, Auskunft über die Identität des leiblichen Vaters zu geben.

Die Mutter der 1984 geborenen Frau war bei der Geburt ihres Kinds 16 Jahre alt. Sie war in schwierigen Familienverhältnissen aufgewachsen und lebte nach der Geburt zunächst in einem Mutter-Kind-Heim und später in einer Mädchen-Wohngemeinschaft, bis ihre Tochter von einem Ehepaar adoptiert wurde. 1985 gab es sowohl ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren wie auch einen Vaterschaftstest mit einem weiteren Mann – beides erfolglos.

2018 forderte die Tochter ihre Mutter auf, ihren leiblichen Vater zu nennen. Da auch dies nicht zum Erfolg führte, wandte sich die junge Frau an das Gericht. Das Oberlandesgericht verpflichtete die Mutter, ihrer Tochter alle Männer mit vollständigem Namen und Adresse zu benennen, mit der sie in der Empfängniszeit sexuelle Kontakte hatte.

Recht auf Wissen um eigene Abstammung
Die dagegen eingelegte Beschwerde wies der Bundesgerichtshof ab. Die Tochter habe Anspruch auf diese Auskunft – Eltern und Kinder seien gesetzlich gegenseitig zu Beistand und Rücksicht verpflichtet. Der Auskunftsanspruch stärke eine sehr wichtige Rechtsposition: das Recht des Kinds auf Kenntnis der eigenen Abstammung.

Es spiele keine Rolle, dass durch die Adoption das rechtliche Eltern-Kind-Verhältnis erloschen sei. Das sogenannte Auskunftsschuldverhältnis zwischen Kind und Mutter sei vor der Adoption entstanden. Anderenfalls wären adoptierte Kinder schlechter gestellt als Kinder, deren rechtliche Eltern-Kind-Beziehung zu ihrer leiblichen Mutter fortbestehe.

Bundesgerichtshof am 19. Januar 2022 (AZ: XII ZB 183/21)