Hochzeit in Libyen, Scheidung in Deutschland: Abendgabe muss gezahlt werden

29.11.2022

(red/dpa). Die Abendgabe dient im islamischen Kulturraum dazu, die Frau bei einer Scheidung oder dem Tod des Ehemanns finanziell abzusichern.

Das Ehepaar hatte in Libyen geheiratet. Anlässlich der Eheschließung erhielt die Frau von ihrem Mann eine englische Goldmünze. Er verpflichtete sich außerdem, ihr im Fall einer Scheidung eine so genannte Abendgabe in Höhe von 50.000 US-Dollar zu zahlen. In der Tat ließ sich das Paar nach 15 Jahren Ehe scheiden – diesmal allerdings in Deutschland.

Die Frau verlangte die Zahlung der 50.000 Dollar, was der Mann verweigerte. Er war der Meinung, diese Vertragsklausel nicht einhalten zu müssen, da sich die Verhältnisse geändert hätten. Anders als in Deutschland gebe es in ihrer Heimat Libyen keine staatliche Absicherung. Daher wäre seine Frau in ihrer Heimat auf das Geld angewiesen, jedoch nicht hier in Deutschland. Sie lebe in einem Pflegeheim und habe keinen weiteren Versorgungsbedarf.

Das Gericht sah das anders. Verträge müsse man einhalten, so die Richter. Die Sozialhilfe, die seine frühere Frau erhalte, sei eine subsidiäre, also nachrangige Leistung. Die Bedürftigkeit selbst bestehe weiterhin. Der Anspruch eines Hilfsbedürftigen, der staatliche Unterstützung erhalte, gegenüber einem Dritten – hier also dem Ex-Mann – gehe auf den Staat über. Keine Rolle spiele der Umstand, dass der Mann über kein Einkommen verfüge. Es falle in seinen Risikobereich, seine Vertragsverpflichtung auch erfüllen zu können.

Oberlandesgericht Oldenburg am 1. Juni 2022 (AZ: 13 UF 82/21)