Ist Vaterschaftsanerkennung nach Tod der Mutter möglich?

18.05.2023

(red/dpa). Es gibt Fälle, in denen ein Kind erst nach dem Tod der Mutter den Vater findet bzw. dieser seine Vaterschaft anerkennt. Es besteht in der Rechtsprechung keine Einigkeit, ob hierfür eine notarielle Anerkennung ausreicht oder ein gerichtliches Verfahren zur Feststellung der Vaterschaft angestrengt werden muss. Das Oberlandesgericht Bamberg entschied jetzt in einem Fall, dass die notarielle Anerkennung nicht ausreicht.

Als die Frau 1963 geboren wurde, war ihre Mutter verwitwet. In der Geburtsurkunde war kein Vater eingetragen. Ihre Mutter starb 2004. 2021 erkannte ein Mann die Vaterschaft notariell an. Seine Tochter wollte nun die Beurkundung der Vaterschaftsanerkennung in ihrem Geburtsregistereintrag erreichen. Das Standesamt hatte Zweifel an der Wirksamkeit der Vaterschaftsanerkennung und legte die Frage dem Gericht vor.

Nach dem Tod der Mutter sei eine Vaterschaftsanerkennung nicht mehr möglich, da die Mutter nicht mehr zustimmen könne, entschieden die Richter in zwei Instanzen. Das Zustimmungserfordernis der Mutter gelte über ihren Tod hinaus.

Anerkennung der Vaterschaft nach Tod der Mutter möglich?
Wegen der weitreichenden Konsequenzen der Vaterschaftsanerkennung für den Anerkennenden und das Kind müsse man nach dem Tod der Mutter hohe Anforderungen an den Nachweis der Vaterschaft stellen. Vater und Kind müssten daher ein gerichtliches Vaterschaftsfeststellungsverfahren anstrengen.

Die Richter wiesen darauf hin, dass die Gerichte in dieser Frage unterschiedliche Ansichten vertreten. Neben der hier vertretenen Meinung gebe es auch die Sichtweise, dass mit dem Tod der Mutter das so genannte Zustimmungserfordernis entfalle. Die höchstpersönliche Erklärung der Mutter werde mit deren Tod entbehrlich. Das Kind habe in der Regel ein schutzwürdiges Interesse daran, zeitnah und effizient einen Vater zu erhalten. Müsste man nach dem Tod der Mutter ein gerichtliches Vaterschaftsfeststellungsverfahren durchführen, bliebe das Kind unter Umständen gegen seinen Willen und gegen den Willen des anerkennungsbereiten Manns ohne Vater. Das wäre dann der Fall, wenn sich die biologische Vaterschaft nicht feststellen lasse. Das Gesetz räume der „biologischen Wahrheit“ bei der Abstammung aber keinen unbedingten Vorrang ein. Bei einem Vaterschaftsanerkenntnis mit Zustimmung der Mutter würden weder die biologische Vaterschaft noch die Motive der Mutter für die Zustimmung geprüft.

Oberlandesgericht Bamberg am 26. Januar 2023 (AZ: 1 W 67/22)