Scheidung: Versorgungsausgleich trotz Auflösung von Fonds

12.09.2023

(red/dpa). Im Rahmen einer Scheidung wird nicht selten über den Versorgungsausgleich gestritten. Löst einer der beiden Partner Vermögenswerte auf, um Lebenshaltungskosten zu tragen und es so vermeidet, den Ex-Partner auf Unterhaltsleistungen in Anspruch zu nehmen, ist dies keine „illoyale Manipulation“. Die Durchführung des Versorgungsausgleichs scheidet deswegen nicht aus.

Das Ehepaar, das rund 17 Jahre verheiratet gewesen war, ließ sich 2022 scheiden. Beide waren bereits Rentner. Der Mann erhält eine Rente in Höhe von rund 1.100 Euro, seine Frau bezieht etwas über 2.700 Euro. Sie wollte erreichen, dass im Zuge der Scheidung kein Versorgungsausgleich durchgeführt würde – dies wäre grob unbillig.

Darf Ex-Partner Vermögen für seine Lebenshaltungskosten nutzen?
Ihr Mann habe in unvernünftiger Weise die Versorgungsausgleichsbilanz durch Verringerung eigener Versorgungen oder Versorgungsansprüche verändert, argumentierte die Frau. Er habe als selbstständiger Einzelunternehmer bis 2018 keine Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Alternativ habe ihr Mann Geld in Kapitalfonds angelegt. Er habe diese Fonds mittlerweile aufgelöst und damit mutwillig für ein Ungleichgewicht gesorgt. Er verfüge außerdem auch ohne den Versorgungsausgleich über ein ausreichend großes Vermögen. Aus dem Verkauf einer Eigentumswohnung habe er 75.000 Euro erhalten, aus dem Verkauf eines Hauses dann noch einmal 230.000 Euro.

Die Gerichte kamen in erster und zweiter Instanz zu derselben Entscheidung: Der Versorgungsausgleich wird durchgeführt. Die Auflösung des Fondvermögens stelle keinen Ausschlussgrund für den Versorgungsausgleich dar. Der Mann habe die Fonds aufgelöst, um Fixkosten wie etwa Miete und Krankenversicherung, die seine Renteneinkünfte überstiegen, zu bestreiten. Er habe dies auch getan, um keine Unterhaltsansprüche gegenüber seiner einkommensstärkeren Ehefrau geltend machen zu müssen.

Selbständig: Keine Rentenanwartschaften während der Ehe – trotzdem Versorgungsausgleich
Diese wiederum habe bereits bei der Eheschließung gewusst – und also auch gebilligt –, dass ihr Mann selbständig tätig gewesen sei. Dass er während der Ehe keine Versorgungsanwartschaften erworben habe, sei also Teil der gemeinsamen Lebensplanung gewesen. Das Gericht konnte auch nicht erkennen, dass der Mann über ein höheres Vermögen verfügte als die Frau. Aus den Verkäufen von Eigentumswohnung und Haus seien beiden Ehepartnern dieselben Summen zugeflossen.

Bei Durchführung des Versorgungsausgleichs ergebe sich für die Frau eine Kürzung um rund 540 Euro. Schon mit dieser Rente liege sie deutlich über dem eheangemessenen Selbstbehalt. Ihr früherer Mann bleibe demgegenüber ohne Versorgungsausgleich mit seiner Rente deutlich unter dem Selbstbehalt. Und selbst bei Durchführung des Versorgungsausgleich – dann erhalte er etwa 1.630 Euro Rente – liege seine Rente deutlich niedriger als die der Frau.

Oberlandesgericht Brandenburg am 22. März 2023 (AZ: 13 UF 16/23)