Umgang der Großeltern muss Kindeswohl dienen

27.09.2022

(red/dpa). Großeltern haben oft eine enge Beziehung zu ihren Enkeln. Einen Anspruch auf Umgang haben sie aber nur, wenn dieser dem Kindeswohl nachweisbar dienlich ist.

Die Mutter lebte gemeinsam mit ihren beiden Töchtern und den Eltern auf ihrem Pferdegestüt, auf dem sie inzwischen auch ihre eigene Tierarztpraxis unterhält. Die Großeltern kümmerten sich regelmäßig um die beiden Mädchen, bis es zu einem massiven Zerwürfnis zwischen ihnen und ihrer Tochter kam. Diese kündigte ihren Eltern die Wohnung. Mit dem Auszug der Großeltern stoppte die Mutter auch deren persönlichen Kontakt zu den Mädchen.

Die Großeltern wollten vor Gericht eine Regelung für den Umgang mit ihren Enkeln erreichen. Sie verwiesen auf ihre intensive Unterstützung bei der Haushaltsführung und Kinderbetreuung. Erst mit dem Einzug des neuen Partners der Tochter habe das bis dahin vertrauensvolle Verhältnis der Mutter zu ihnen gelitten. Die Beziehung zu den Kindern wollten sie über regelmäßige persönliche Kontakte aber unbedingt aufrechterhalten.

Haben Oma und Opa Recht auf Umgang mit Enkeln?
Aus Sicht der Mutter war ihr Verhältnis und das ihrer Töchter zu den Großeltern zerrüttet. Das Zusammensein ihrer Töchter mit den Großeltern habe nicht nur den häuslichen Frieden massiv gestört, sondern auch die Entwicklung der Kinder zunehmend beeinträchtigt. Sie sei in der Pflicht, diese vorerst vor persönlichen Begegnungen mit den Großeltern zu schützen.

Vor Gericht hatten die Großeltern in beiden Instanzen keinen Erfolg. Sie dürfen den Kindern lediglich an Ostern, Weihnachten und den jeweiligen Geburtstagen Briefe schreiben und Geschenke senden. Ein weitergehender Umgang ist befristet bis zum 30. Juni 2023 ausgeschlossen.

Es sei nicht zu erkennen, dass ein persönlicher Umgang der Mädchen mit den Großeltern dem Kindeswohl förderlich sei, so das Gericht. Die Kinder selbst hätten sich ablehnend geäußert. Ihre Mutter sei nicht willens oder in der Lage, die Kontaktgestaltung zu unterstützen. Vor diesem Hintergrund würden persönliche Begegnungen die Kinder in einen tiefen Loyalitätskonflikt stürzen.

Loyalitätskonflikt für die Kinder – kein Umgang der Großeltern
Großeltern hätten Recht auf Umgang mit ihrem Enkel, wenn dieser Umgang dem Wohl des Kinds diene. Dies müssten sie nachweisen können. Bei unüberbrückbaren Differenzen zwischen Eltern und Großeltern müsse man jedoch davon ausgehen, dass der Umgang nicht dem Kindeswohl entspreche, weil zu befürchten sei, dass das Kind in einen Loyalitätskonflikt geraten würde. Die beteiligten Fachleute – unter anderem das Jugendamt – konstatierten denn auch einen solchen tiefen Loyalitätskonflikt der Kinder.

Die Großeltern müssten zu dem Zugeständnis bereit sein, dass es für das Wohl ihrer Enkel bedeutungslos sei, wie es zu den Konflikten zwischen den Erwachsenen gekommen sei. Entscheidend sei nur, dass die Auseinandersetzungen die Kinder emotional und psychosomatisch belasteten. Sie versuchten, sich aus diesem emotionalen Druck dadurch zu befreien, dass sie sich zu ihrer Mutter – ihrer Haupt-Bezugsperson – positionierten und persönliche Kontakte zu den Großeltern ablehnten. Es sei auch nicht von Bedeutung, ob dieser Wille eigenständig gebildet sei oder als Ergebnis der Unentschlossenheit und Zerrissenheit der Kinder zu sehen sei. Unter den herrschenden Umständen müssten die Großeltern die Entscheidung der Mutter akzeptieren, die einer Korrektur nicht zugänglich sei. So ersparten sie den Kindern einen fortwährenden und zunehmenden Leidensdruck.

Oberlandesgericht Brandenburg am 21. Juli 2022 (AZ: 9 UF 30/22)