Umgangsberechtigter Elternteil zu Corona-Test und Impfung verpflichtet?

27.07.2021

(red/dpa). Das Recht auf Umgang zwischen dem nicht betreuenden Elternteil und seinen Kindern hat einen hohen rechtlichen Rang: Es steht unter dem Schutz des Grundgesetzes. Kann der allein sorgeberechtigte Elternteil den Umgang verweigern, solange der andere keinen negativen Test vorlegt bzw. nicht gegen Corona geimpft ist?

Die Eltern der Kinder sind geschieden, der Vater hat das alleinige Sorgerecht. Die Mutter steht aufgrund einer psychischen Erkrankung unter Betreuung. Seit dem Frühjahr des Jahres 2020 verweigerte der Vater seiner Ex-Frau den Umgang mit den gemeinsamen Kindern. Er begründete dies mit der Corona-Pandemie und forderte von der Mutter, vor einem Treffen mit ihren Kindern jeweils einen Corona-Test zu machen.

Pflicht zu Corona-Test vor Umgang mit den Kindern nur bei erhöhtem Risiko
Die Mutter wehrte sich dagegen. Der Vater habe keinen sachlichen Grund, den Umgang der Kinder mit ihrer Mutter zu verhindern und nicht das Recht, einen negativen Covid 19-Test zu fordern. Er sei absolut uneinsichtig und wolle den Kontakt der Kinder mit der Mutter verhindern.

Das Familiengericht entschied im Dezember 2020, dass die Mutter einmal monatlich begleiteten Umgang mit ihren Kindern haben dürfe. Eine Verpflichtung zur Testung sprach es nicht aus. Dagegen legte der Vater Beschwerde ein. Kurz darauf teilten die Kinder mit, dass sie die Mutter nicht sehen wollten, wenn diese nicht getestet sei. Darüber hinaus solle sie auch geimpft sein.

Die Frau erklärte sich bereit, einen PCR-Test oder Schnelltest vorzunehmen, damit die Umgänge stattfinden könnten. Kurz darauf verlangte der Vater außer der Testung auch eine Impfung der Mutter.

Der Vater hatte vor Gericht keinen Erfolg. Allein die Corona-Pandemie rechtfertige es nicht, den Umgang auszusetzen. Ein konkretes erhöhtes Risiko, das eine solche Einschränkung rechtfertige, habe der Vater nicht dargelegt. Die Mutter sei auch nicht verpflichtet, sich testen zu lassen. Grundsätzlich könne eine Testung nur unter bestimmten Voraussetzungen gefordert werden, etwa bei Covid 19-typischen Symptomen oder Kontakt mit erkrankten Personen.

Corona-Impfung keine Voraussetzung für Ausübung des Umgangsrechts
Auch der Wille der Kinder spreche nicht dagegen. Es sei außerdem offensichtlich, dass der Vater deren Willensbildung beeinflusst habe. Dafür sprächen bestimmte Formulierungen wie etwa „weiß nicht, ob sie sich kontrollieren kann“ oder „Nachbesserung“.

Letzten Endes könne dahingestellt bleiben, ob die Mutter verpflichtet sei, sich testen zu lassen, da sie sich von sich aus freiwillig dazu erklärt habe. Der Vater könne darüber hinaus den Umgang nicht davon abhängig machen, dass die Mutter geimpft sei.

Oberlandesgericht Nürnberg am 12. April 2021 (AZ: 10 UF 72/21)