Umgangsrecht: Übernachtung nur nach Vorbereitung

11.10.2021

Frankfurt /Berlin (DAV). Grundsätzlich können auch Kleinkinder beim umgangsberechtigten Elternteil übernachten. Dafür entscheidend ist, dass die Kinder regelmäßigen Kontakt mit diesem Elternteil haben und in eine vertraute Umgebung kommen.

Die unverheirateten Eltern des Kinds hatten sich 17 Monate nach Geburt des Kinds getrennt. Die Mutter hat das alleinige Sorgerecht. Das Kind hatte bisher nicht beim Vater übernachtet.

Schon Ende 2019 hatte der Vater, der als Grundschullehrer arbeitet, versucht, Umgang mit dem Kind im Dezember 2019 einschließlich von sechs Übernachtungen durchzusetzen. Zu dieser Zeit wurde das Kind noch gestillt und hatte noch nie beim Vater übernachtet. Einen regelmäßigen Tages- oder Wochenendumgang am Wohnsitz der Mutter lehnte er ab. Er sei dazu finanziell nicht in der Lage. Vor Gericht hatte der Mann keinen Erfolg.

Wann dürfen Kleinkinder beim umgangsberechtigten Elternteil übernachten?
Nun forderte der Vater einen zusammenhängenden Ferienumgang. Das Amtsgericht stellte ihm Tages- und ggf. Wochenendumgänge zur Vorbereitung späterer Übernachtungen in Aussicht. Auch dies lehnte der Mann ab.

Das Gericht beschloss im Juni 2020, das der Vater mit dem Kind an jedem letzten Samstag im Monat (12.00 - 18 .00 Uhr) und am darauffolgenden Sonntag (10.00 - 16.00 Uhr) Umgang haben könne. Der Vater nahm diese Termine jedoch nicht wahr.
Er strebte weiterhin die Regelung von Ferienumgang anstatt des monatlichen Umgangs an. Er sei weder imstande noch bereit, diesen wahrzunehmen.

Seine Beschwerde hatte keinen Erfolg. Im Gegenteil: Das Gericht stellte fest, dass wegen seiner Weigerungshaltung sein Umgangsrecht derzeit nicht zu regeln sei. Eine solche Entscheidung sei in Ausnahmefällen möglich. Dies gelte etwa dann, wenn man den Umgang nicht in der Form gewähren könne, wie es der umgangsberechtigte Elternteil wünsche, dieser sich aber weigere, die mögliche Umgangsform wahrzunehmen.

Umgang mit Übernachtungen nur nach Eingewöhnung
Ein Ferienumgang komme derzeit ohne Vorbereitung des Kinds auf Übernachtungen in der väterlichen Wohnung nicht in Frage, da das nicht dem Wohl des Kinds entspreche. Zwar sei ein Umgang mit Übernachtungen auch bei Kleinkindern möglich. Das sei aber im Einzelfall zu entscheiden. Wichtig sei dabei, ob das Kind bereits an den anderen Elternteil und dessen Umgebung gewöhnt sei und nicht – etwa durch einen längeren fehlenden Kontakt – eine Entfremdung eingetreten sei. Dabei sei auch das kindliche Zeitempfinden zu berücksichtigen.

So liege der Fall hier. Der Vater nehme bereits seit sechs Monaten sein Umgangsrecht nicht mehr wahr, es gebe also eine Entfremdung. Auch habe das Kind noch nie außerhalb des mütterlichen Haushalts übernachtet und kenne die Wohnung des Vaters nicht. Auf Kontakte mit Übernachtung müsse es vorbereitet werden – und dies können nur durch regelmäßige Tagesumgänge geschehen.

Auch die Behauptung des Vaters, in seinem Fall komme der Ausschluss von Übernachtungen einer Umgangseinschränkung gleich, ließ das Gericht nicht gelten. Die Entfernung zwischen den Wohnorten der Eltern betrage etwa 400 Kilometer, und der Vater verfüge über ein hinreichendes Einkommen. Er könne sein Umgangsrecht also zunächst am Wohnsitz des Kinds wahrnehmen. Dies gelte umso mehr, als die räumliche Entfernung dadurch entstanden sei, dass der Vater in einen anderen Ort gezogen sei.

Oberlandesgericht Frankfurt am 24. November 2020 (AZ: UF 110/20) am 16. Juni 2021 (AZ: XII ZB 58/20)