Vaterschaftsanfechtung: Familiäre Beziehungen entscheidend

03.03.2021

(red/dpa). Eine Vaterschaftsanfechtung kann für den biologischen Vater unter Umständen nicht möglich sein. Lebt sein (mutmaßliches) Kind mit Mutter und rechtlichem Vater, der auch Verantwortung trägt für das Kind, in einem Haushalt, wiegt diese familiäre Beziehung schwerer als die Interessen des leiblichen Vaters.

Die Frau ist Mutter eines im Juni 2020 geborenen Mädchens. Seit 2013 ist sie verheiratet. Der Antragsteller wollte gerichtlich feststellen lassen, dass der Ehemann nicht der Vater des Kinds ist, sondern er selbst.

Amtsgericht und Oberlandesgericht wiesen den Antrag des Manns auf Verfahrenskostenhilfe ab. Bei der derzeitigen Gesetzeslage habe sein Antrag keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Feststellung seiner Vaterschaft stehe die so genannte sozial-familiäre Beziehung zwischen dem Ehemann als dem rechtlichen Vater und dem Mädchen entgegen. Eine solche Beziehung bestehe dann, wenn der rechtliche Vater tatsächlich Verantwortung für das Kind trage. Das sei hier zu vermuten, da der Mann mit der Mutter des Kinds verheiratet sei.

Familienverband wichtiger als Interessen des leiblichen Vaters
Dem könne der mutmaßliche biologische Vater nicht entgegenhalten, dass er vor der Geburt des Kinds noch gelegentlichen Kontakt zur Mutter des Kinds und diese noch eine eigene Wohnung gehabt habe. Ebenso wenig sei es von Bedeutung, dass er mit Beginn der Schwangerschaft Verantwortung für das Kind habe übernehmen wollen und dies auch ausreichend zum Ausdruck gebracht habe. Entscheidend sei, dass der rechtliche Vater mit der Mutter spätestens seit der Geburt des Mädchens zusammenlebe und eindeutig auch Verantwortung für das Kind übernehme.

Das Gericht sei sich im Klaren darüber, dass der Antragsteller bei dieser Konstellation keine Chance habe, die rechtliche Vaterstellung für seine mutmaßlich leibliche Tochter einzunehmen. Dies sei jedoch eine Folge der gesetzlichen Regelung. Die Richter verwiesen den Mann auf die Möglichkeit eines Auskunfts- und Umgangsverfahrens. Hier könne die Vaterschaft inzident, also „nebenbei“, festgestellt werden. Ausdrücklich wiesen die Richter darauf hin, dass der Mann „ernsthaftes Interesse an dem Kind gezeigt“ habe.

Ein Kind habe grundsätzlich ein berechtigtes Interesse daran, seine Wurzeln und damit seinen leiblichen Vater kennenzulernen. Die Befindlichkeiten und die Weigerung der rechtlichen Eltern, Umgangskontakte ihres Kinds mit dessen leiblichem Vater zuzulassen, reichten grundsätzlich nicht aus, um den Antrag auf Umgang oder gar den auf Auskunft zurückzuweisen.

Oberlandesgericht Hamm am 12. November 2020 (AZ: 12 WF 221/20)