Beschlüsse Kinder

Änderung des Nachnamens auch ohne Kindeswohlgefährdung

27.04.2020

(red/dpa). Heiratet der Elternteil erneut, bei dem die Kinder leben, kann sich die Frage stellen, ob die Kinder den Nachnamen des neuen Ehepartners annehmen. Ist der andere Elternteil nicht damit einverstanden, müssen unter Umständen Gerichte entscheiden. Ausschlaggebend ist das Kindeswohl. Eine Kindeswohlgefährdung muss aber nicht vorliegen.

Die Eltern des Mädchens waren seit 2010 geschieden. Die Mutter hatte das Aufenthaltsbestimmungsrecht, der Vater hatte ihr außerdem eine Vollmacht erteilt. Die erstreckte sich jedoch nicht auf die Frage der Namensänderung.

Bis 2014 fanden Umgangskontakte des Vaters mit seiner Tochter statt, danach nicht mehr. Einem Attest vom 29. März 2019 ist zu entnehmen, dass der Mann sich in fachärztlicher Behandlung befand, unter anderem wegen einer Depression sowie einer akuten Belastungsreaktion.

Die Frau ist zwischenzeitlich wiederverheiratet. Sie und die in der zweiten Ehe geborene Tochter tragen den Nachnamen des Mannes. Die Mutter wollte, dass ihre erstgeborene Tochter diesen Nachnamen annehmen würde. Ihre Tochter empfinde den anderen Nachnamen als Strafe. Außerdem bestehe keine Bindung mehr zum Vater.

Der leibliche Vater lehnte die Namensänderung jedoch ab. Dies sei eine wichtige Entscheidung, zu der er sich auf Grund seines Gesundheitszustands aktuell nicht in der Lage sehe. Auch sei der Name die letzte Verbindung zu seiner Tochter.

Namensänderung des Kinds bei neuer Ehe der Mutter
Das Oberlandesgericht gab der Mutter Recht. Die Änderung des Nachnamens sei hier erforderlich. Die Kindeswohlprüfung habe ergeben, dass das Kind durch die Namensverschiedenheit außerordentlich belastet sei. Dies gehe, betonten die Richter, über bloße Unannehmlichkeiten hinaus. Die Stellungnahme des Jugendamts mache diese Belastungen des Mädchens besonders deutlich. Es habe sich so belastet gezeigt, dass es stetig den Tränen nahe gewesen sei, wenn es um die Frage der Namensänderung gegangen sei.

Wichtig sei die Namensänderung auch unter dem Aspekt, dass damit die Namensgleichheit mit dem jüngeren in der Familie lebenden Geschwisterkind hergestellt werde.

Die Richter setzten sich auch mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auseinander. Danach kann die Einwilligung des nicht sorgeberechtigten Elternteils erst dann ersetzt werden, wenn das Kindeswohl gefährdet ist. Die Namensänderung muss also unerlässlich sein, um Schäden von dem Kind abzuwenden. Das sahen die Richter am Oberlandesgericht Frankfurt am Main anders. Es müsse keine Gefährdung des Kindeswohls bestehen. Es genüge vielmehr „die (niedrigere) Schwelle der Erforderlichkeit“.

Gemeinsamer Nachname wichtiges Band zwischen Eltern und Kind
Das Gericht bezog bei seiner Entscheidung auch die schwierige Lebenssituation des Vaters in seine Überlegungen ein und die Tatsache, dass die gemeinsame Namensführung mit dem Kind ein wesentliches Band darstellt. Doch betonte der Vater selbst, diese Entscheidung auf Grund seiner aktuellen Lebenssituation nicht treffen und dem Kind auch nicht schaden zu wollen. Vor diesem Hintergrund relativiere sich sein „schützenswertes Interesse“, das im Rahmen der Gesamtabwägung zu berücksichtigen sei.

Oberlandesgericht Frankfurt/Main am 18. Dezember 2019 (AZ: 1 UF 140/19)