Beschlüsse Kinder

Adoptierender muss unbeschränkt geschäftsfähig sein

18.10.2011

Ist die Adoption von Minderjährigen auch der Regelfall, so kommt es doch gelegentlich zu Erwachsenenadoptionen. Häufig ist dies damit verbunden, dass der Adoptierte die häusliche Pflege des Annehmenden übernimmt. Oft soll durch die Adoption auch die wirtschaftliche Selbständigkeit des Adoptivkindes gesichert werden. Bei einer Erwachsenenadoption gelten dabei allerdings besonders strenge sittliche Regeln. Daher kommt es wesentlich darauf an, dass sowohl bei der Adoption als auch beim Adoptionsantrag der annehmende Teil unbeschränkt geschäftsfähig ist. Die Geschäftsfähigkeit zum Zeitpunkt des Antrags reicht nicht aus. Einen solchen Fall hatte jetzt das Oberlandesgericht München zu entscheiden.

Es ging um die mögliche Adoption eines Erwachsenen durch eine 95-jährige Frau. Diese hatte über 50 Jahre in den USA gelebt und hält sich erst wieder seit 2004 in Deutschland auf. Der zu adoptierende Mann kümmert sich um eines ihrer Anwesen in Deutschland und verwaltet es. Nachdem der Antrag auf Adoption im Juli 2008 beim Notar gestellt worden war, stellte man im Laufe des Verfahrens fest, dass die Frau unter Demenz leidet.

Das Oberlandesgericht München bestätigte eine Entscheidung des Landgerichts München, wonach die Adoption deswegen nicht möglich war. Die Annehmende sei nicht in der Lage, Tragweite und Auswirkung einer Adoption zu erkennen und ihren Willen frei zu bilden. Es sei nicht ausreichend, dass die Einwilligungsfähigkeit möglicherweise zum Zeitpunkt der Antragstellung noch bestanden habe. Ein Sachverständiger habe festgestellt, dass es trotz ausführlicher und altersgerechter Erklärung nicht gelungen sei, der Frau zu erläutern, was eine Adoption für sie bedeute.

Außerdem sei hier die Adoption sittlich nicht gerechtfertigt. Dazu müsste zwischen der Annehmenden und dem Anzunehmenden eine dem Eltern-Kind-Verhältnis entsprechende Beziehung bereits bestanden haben oder zu erwarten sein. Bei der Erwachsenenadoption würde die von gegenseitigem unbedingten Beistand getragene dauernde Verbundenheit – wie bei einem Eltern-Kind-Verhältnis – allgemein als prägendes Merkmal betrachtet. Im vorliegenden Fall lebe die Frau erst seit jüngster Zeit in Deutschland, und es sei nicht abzusehen, dass dies auch dauerhaft so bleibe. Ihren möglichen Adoptivsohn habe sie als tüchtigen, höflichen Geschäftsmann eingeordnet. Dies zeige, dass es an der inneren Verbundenheit fehle, die die Voraussetzung eines Eltern-Kind-Verhältnisses sei. Es sei auch kein Anhaltspunkt erkennbar, dass die Annehmende die ernsthafte Absicht habe, eine Beziehung zu dem möglichen Adoptivsohn zu schaffen, die der zwischen Eltern und Kindern gleiche. Sie habe es selber als lächerlich bezeichnet, dass sie noch einmal eine solch nahe Beziehung wie eine Mutter zu einem erwachsenen Kind eingehen würde. Andere, nicht familienbezogene Motive, wie etwa wirtschaftliche Gründe, dürften keine ausschlaggebende Rolle bei einer Adoption spielen.

Oberlandesgericht München, Beschluss vom 7. April 2010; AZ: 31 Wx 3/10)