Beschlüsse Kinder

Adoption einer 10jährigen: Kind muss über Abstammung aufgeklärt werden

13.06.2023

(red/dpa). Bei einer Adoption muss das Kind altersgerecht über seine Abstammung aufgeklärt werden. Dies ist auch darum wichtig, weil der Kindeswille bei der Annahme an Kindes statt beachtet werden muss.

Der Mann wollte die leibliche Tochter seiner Ehefrau adoptieren. Er hatte seine spätere Frau kennengelernt, während diese mit der Tochter schwanger war. Beide leben seitdem als Paar zusammen und heirateten 2017. Das Mädchen hat der Mann seit ihrer Geburt als leibliches Kind behandelt. Die Eltern haben sie bisher nicht darüber aufgeklärt, dass ihr „Vater“ nicht ihr leiblicher Vater ist, der unbekannt ist.

Sie waren übereinstimmend der Meinung, dass die Adoption dem Kindeswohl diene. Dagegen würde die Aufklärung des Mädchens darüber, worum es gehe und dass ihr Vater nicht ihr biologischer Vater sei, dem Kindeswohl schaden.

Keine Aufklärung über Herkunft: Adoption entspricht nicht dem Kindeswohl
Die Adoptionsvermittlungsstelle lehnte die Adoption (noch) ab, da das anzunehmende Mädchen nicht darüber aufgeklärt wurde, dass der Annehmende nicht ihr leiblicher Vater sei. Das sei jedoch unerlässlich. Die Adoption dürfe nicht „über ihren Kopf hinweg“ erfolgen.

Das sah das Gericht genauso. Es bestünden Zweifel daran, dass die Adoption dem Wohl des jetzt 10-jährigen Mädchens diene. Es sei nicht darüber aufgeklärt worden, dass der Annehmende nicht der leibliche Vater sei.

Dieser Umstand wiege schwer. Die Kenntnis der eigenen Abstammung habe eine hohe Bedeutung für die ungestörte Entwicklung eines Adoptivkinds. Und könne allgemein für die Entwicklung der Persönlichkeit von erheblicher Bedeutung sein.

Adoption: Wille eines 10jährigen Kinds muss berücksichtigt werden
Daher könne man die Bereitschaft der Adoptiveltern, das Kind in altersgerechter Weise über seine Herkunft aufzuklären, im Allgemeinen als Voraussetzung für die Adoption ansehen.

Außer dem Mädchen selbst wussten alle Familienmitglieder, dass der Mann nicht ihr biologischer Vater war. Vor diesem Hintergrund sahen die Richter ein hohes Risiko, dass sie „im Zuge von Streitigkeiten, die spätestens mit einsetzender Pubertät wahrscheinlich sind, von ihrer Abstammung erfahren wird“.

Dieses Risiko gehe das Ehepaar sehenden Auges ein, da es nicht bereit sei, das Mädchen über seine Herkunft aufzuklären. Die Adoption würde eine hieraus drohende Entwicklungsgefährdung nicht vermeiden, sondern im Gegenteil eher vertiefen. Würde sie später von ihrer Adoption erfahren, würde ihr auch bewusst werden, dass in einem Gerichtsverfahren ihre Abstammung „über ihren Kopf hinweg“ bestimmt worden sei.

Darüber hinaus sei der Wille des Kindes entsprechend seinem Alter zu berücksichtigen. Ohne von ihrer Abstammung zu wissen, könne das Mädchen sich nicht dazu äußern, ob sie von dem Annehmenden angenommen werden möchte.

Amtsgericht Hamburg-Bergedorf am 28. November 2022 (AZ: 415c F 15/19)