Beschlüsse Kinder

Aufwendungen für künstliche Befruchtung steuerlich abzugsfähig

05.05.2010

Viele Paare hegen den Wunsch auf Nachwuchs. Manchen bleibt jedoch nur der Weg, medizinisch nachzuhelfen. Dabei stellt sich immer wieder die Frage, ob die Kosten einer künstlichen Befruchtung als außergewöhnliche Belastungen von der Steuer abgesetzt werden können. Die höchstrichterliche Rechtsprechung lehnt dies bisher ab. Ihr zufolge stellt die künstliche Befruchtung der Eizellen der gesunden Ehefrau mit Fremdsamen keine Heilbehandlung dar: Der kranke Ehemann werde nicht behandelt, die behandelte Frau jedoch sei gesund. Die Kinderlosigkeit als Folge der Sterilität sei für sich genommen keine Krankheit.

Dieser Rechtsauffassung ist nun das Niedersächsische Finanzgericht entgegengetreten: Wenn der Ehemann an einer inoperablen Sterilität leidet, können die Kosten für eine künstliche Befruchtung mit Fremdsamen als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden.

Der spätere Kläger litt unter einer inoperablen, organisch bedingten Sterilität. Er war aufgrund dieses Befundes nicht in der Lage, auf natürlichem Weg selber Kinder zu zeugen. Nachdem eine künstliche Befruchtung mit dem Sperma des Mannes gescheitert war, entschloss sich das Ehepaar, seinen Kinderwunsch mit Hilfe der Übertragung von Spendersamen zu verwirklichen. Die hierfür entstandenen Aufwendungen (Medikamenten- und Fahrtkosten) erkannte das Finanzamt nicht als außergewöhnliche Belastungen an.

Nach Überzeugung des Gerichts ist jedoch die so genannte heterologe Insemination, die Befruchtung der weiblichen Eizellen mit dem Sperma eines fremden Mannes, Teil einer auf das spezielle Krankheitsbild des Klägers abgestimmten Heil- bzw. Therapiemaßnahme. Sie werde durchgeführt, um die Krankheitsfolgen – die ungewollte Kinderlosigkeit – abzumildern. Diese Therapiemaßnahme sei medizinisch angezeigt und ärztlich zulässig, stehe also in Übereinstimmung mit der ärztlichen Berufsordnung.

Das Gericht verwies auf die künstliche Befruchtung bei Unfruchtbarkeit verheirateter und unverheirateter Frauen sowie eingeschränkter Zeugungsfähigkeit des Ehemannes. In diesen Fällen werden die Kosten als außergewöhnliche Belastungen anerkannt. Die Richter hielten eine Gleichbehandlung des vorliegenden Falles mit diesen Fallgruppen auch verfassungsrechtlich für geboten.

Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 5. Mai 2010 (Az: 9 K 231/07)