Beschlüsse Kinder

Behindertes Kind hat nicht unbedingt Anspruch auf Kostenübernahme für Privatschule

24.11.2011

Kann eine staatliche Schule den sonderpädagogischen Förderbedarf für ein behindertes Kind ebenso erbringen wie eine Privatschule, hat das Kind keinen Anspruch darauf, dass ihm die Kosten für die gewünschte Privatschule erstattet werden.

Der 13-jährige Junge ist seit seiner Geburt behindert. Er leidet an Epilepsie und Minderwuchs, ist in seiner Entwicklung verzögert und geistig behindert. Seit seinem vierten Lebensmonat lebt er in einer Pflegefamilie. Ab dem vierten Lebensjahr besuchte er ein Montessori-Kinderhaus. Im Jahre 2005 stellte das staatliche Schulamt einen sonderpädagogischen Förderbedarf fest und wies den Jungen einer staatlichen Förderschule zu. Die Pflegeltern entschieden sich hingegen für den Besuch einer Privatschule, die nach den Grundsätzen der anthroposophischen Heilpädagogik und der Waldorfpädagogik unterrichtet. Das Schulgeld hierfür beträgt monatlich rund 300 Euro. Der Landeswohlfahrtsverband lehnte die Kostenübernahme mit der Begründung ab, dass der sonderpädagogische Förderbedarf auch in einer staatlichen Schule gedeckt werden könne, die kein Schulgeld verlange.

Der Landeswohlfahrtsverband erhielt in beiden Instanzen Recht. Zwar habe das staatliche Schulamt den Besuch der Privatschule gestattet. Zugewiesen habe es das behinderte Kind jedoch an eine staatliche Schule. Da diese für den speziellen Förderbedarf gleichermaßen geeignet sei, müsse der Verband das Schulgeld nicht übernehmen. Der Wunsch der Pflegeeltern, ihr Pflegekind nach den Waldorfgrundsätzen unterrichten und erziehen zu lassen, sei zwar nachvollziehbar, werde jedoch durch das Sozialhilferecht nicht geschützt. Außergewöhnliche und gewichtige persönliche Gründe für den Besuch der Privatschule – wie etwa die langjährige Erziehung nach Waldorfgrundsätzen – lägen nicht vor. Auch werde das Elternrecht nicht verletzt, da dieses Recht zwar auch die freie Schulwahl umfasse, nicht jedoch einen Anspruch auf Schulgeldübernahme.

Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 22.11.2010 (AZ: L 9 SO 7/09)