Beschlüsse Kinder

Biologische Mutter lehnt Umgang ab – enge Bezugsperson darf Kinder nicht sehen

30.08.2022

(red/dpa). Streit um den Umgang mit den Kindern gibt es nach einer Trennung häufig. In einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zweier Frauen, in der eine Frau durch künstliche Befruchtung schwanger wurde, kann es für die andere Frau schwierig werden: Hat sie das Kind nicht adoptiert, ist sie nur eine „enge Bezugsperson“ und hat nicht die Rechte eines Elternteils.

Die beiden Frauen lebten seit 2013 in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. 2021 trennten sie sich. Während ihrer Beziehung hatten sie durch künstliche Befruchtung zwei Kinder bekommen, geboren von der Frau, die die Kinder später „Mama“ nannten. Die Versorgung, Betreuung und Erziehung der Kinder teilten sich die beiden Frauen. Die andere Frau, „Mom“ genannt, nahm mit den Kindern Arzttermine sowie Termine in Kita und Kindergarten wahr und begleitete die Kinder zum Kinderturnen. Sie unternahm mit den Kindern Ausflüge und nahm Treffen mit Freunden wahr. Eine Stiefkindadoption erfolgte nicht. Ebenso wenig trafen die beiden Frauen eine sorgerechtliche Regelung. Zum Zeitpunkt der Trennung waren die beiden Kinder knapp viereinhalb und zwei Jahre alt.

Umgang muss dem Kindeswohl dienen
Nach der Trennung verweigerte die leibliche Mutter Umgangskontakte der Kinder mit ihrer Ex-Partnerin. Diese stellte einen Antrag auf Umgang, den das Gericht jedoch zurückwies. Enge Bezugspersonen, die für das Kind tatsächlich Verantwortung tragen oder getragen haben, hätten ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn dieser dem Wohl des Kindes diene. Das sei hier jedoch nicht der Fall.

Es sei nicht ausreichend, dass der Umgang dem Kindeswohl nicht widerspreche. Es müsse vielmehr feststehen, dass er dem Kindeswohl tatsächlich diene – und das sei ausschließlich aus dem Blickwinkel des Kinds zu beurteilen. Im vorliegenden Fall wäre ein Umgang nicht mit dem Kindeswohl vereinbar, da die Ablehnung der leiblichen Mutter massiv sei und bei den Kindern bereits zu einem tiefgreifenden Loyalitätskonflikt geführt habe.

Die leibliche Mutter lehne jeglichen Umgang vehement ab, auch wenn dieser nur gelegentlich stattfände und durch den Kinderschutzbund professionell begleitet würde. Diese ablehnende Haltung habe sich auf das ältere Kind übertragen. Der Junge hatte nachdrücklich erklärt, dass er und seine jüngere Schwester „Mom“ nicht sehen wollten und sie auch nicht vermissen würden. Das Gericht vermutete eine Beeinflussung des Jungen durch die ablehnende Haltung der leiblichen Mutter. So habe er von sich aus positive Erlebnisse mit seiner „Mom“ schildern können. Das ändere allerdings nichts daran, dass sich seine Haltung bereits so weit verfestigt habe, dass er auf die Aussicht eines Treffens mit Ängsten reagiere.

Angesichts der nicht aufgearbeiteten Trennung der Erwachsenen, der Konflikte des Paares und des daraus resultierenden Loyalitätskonflikts der Kinder kamen die Richter zu der Entscheidung, dass Umgangskontakte die Kinder erheblich beeinträchtigen würden.

Ausdrücklich wiesen sie darauf hin, dass Umgangskontakte nicht nur dem Kindeswohl förderlich, sondern gerade für das ältere Kind sogar äußerst wichtig sein könnten, um ihm eine Aufarbeitung des Beziehungsabbruchs zu ermöglichen. Durch den Umgang könnten die Kinder ein besseres Verständnis für die Trennung bekommen und zugleich ihre eigene Beziehung zu „Mom“ aufrechterhalten.

Oberlandesgericht Karlsruhe am 30. Juni 2022 (AZ: 18 UF 22/22)