Beschlüsse Kinder

Corona: Flugreise mit Kindern „Angelegenheit von erheblicher Bedeutung“

04.11.2020

(red/dpa). In der Regel ist die Entscheidung, mit den Kindern eine Flugreise in den Urlaub anzutreten, eine Angelegenheit des täglichen Lebens. Das ist in Zeiten von Corona anders. Jetzt kann es eine „Angelegenheit von erheblicher Bedeutung“ sein. Streiten sich die getrenntlebenden Eltern darüber, kann bei gemeinsamem Sorgerecht ein Elternteil die Entscheidungsbefugnis gerichtlich übertragen werden.

Nach der Trennung der Eltern leben die beiden Kinder bei der Mutter. Diese plante, mit ihren Kindern im August nach Mallorca reisen. Der Vater war dagegen, da aus seiner Sicht die coronabedingten Risiken zu hoch waren. Darüber hinaus wäre sein monatlicher Umgang mit den Kindern entfallen, der jeweils am ersten Samstag im Monat von 15:00 Uhr bis 18:00 Uhr stattfand. Allerdings hatte er signalisiert, ihnen durch einen Verzicht auf den August-Umgang eine Urlaubsreise zu ermöglichen, sofern die Mutter von einem Flug absehe und den Pkw benutze. Die hielt jedoch an ihren Plänen fest. Beide Elternteile beantragten, ihnen die Entscheidungsbefugnis in dieser Frage zu übertragen.

Pandemie: Eltern streiten über Urlaubsreise mit den Kindern
Das Familiengericht kann bei gemeinsamem Sorgerecht auf Antrag eines Elternteils einem der beiden die Entscheidung über eine einzelne Angelegenheit oder eine Art von Angelegenheiten übertragen. Das gilt dann, wenn deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist.

Hier übertrug das Gericht dem Vater die Entscheidungsbefugnis. Die Frage nach Antritt der Urlaubsreise sei in diesem Fall von erheblicher Bedeutung und nicht als „Angelegenheit des täglichen Lebens“ zu bewerten. Als Angelegenheiten des täglichen Lebens werden Fragen bezeichnet, die häufig vorkommen und deren Entscheidung keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kinds haben.

Covid 19: Übertragung der Entscheidungsbefugnis über Flugreise mit Kindern
Das sei hier aufgrund der Corona-Pandemie anders. Unter anderem sei noch nicht geklärt, welche konkrete und möglicherweise erhöhte Ansteckungsgefahr bei Flugreisen bestehe. Es gebe keine verlässliche Planung bezüglich des Rückflugs. Hinzu komme, dass die Bundesregierung bisher erklärt habe, nicht noch einmal deutsche Urlauber aus dem Ausland zurückzuholen. Eine Auslandsflugreise sei aktuell eine „Angelegenheit von erheblicher Bedeutung“, weil sie unter Umständen eine längere Quarantäne nach sich ziehe oder Urlaubsrückkehrer im Ausland festsitzen könnten. Das aber wäre eine deutliche Belastung für das seelische Wohlbefinden eines Kinds. Hinzu kämen dann mögliche Abwesenheitszeiten in der Schule.

Die Übertragung der Entscheidung, welchem Elternteil die Entscheidungsbefugnis zu übertragen ist, richte sich nach dem Kindeswohl. Daher müsse sie dem Elternteil übertragen werden, dessen Lösungsvorschlag dem Wohl des Kinds besser gerecht werde. Das sei hier der Vater.

Oberlandesgericht Braunschweig am 30. Juli 2020, AZ: 2 UF 88/20