Beschlüsse Kinder

Corona-Pandemie: Keine unbefristete Schließung einer Kindertagespflegestelle

19.05.2020

(red/dpa). Viele Einrichtungen müssen aktuell schließen, um die Ausbreitung von Covid-19 einzudämmen. Über das ob und wie müssen nun auch Gerichte immer wieder entscheiden.

Die Tagesmutter war wegen der Corona-Krise am 23. März 2020 angewiesen worden, die von ihr betriebene Kindertagespflegestelle zu schließen. Dagegen wehrte sie sich mit einem Eilantrag.

Der Landrat des Landkreises Spree-Neiße hatte sich unter Verweis auf die Regelung der SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung (§ 9 Abs. 2 Satz 1) verpflichtet gesehen, die Schließung der Tagespflege anzuordnen.

Unbefristete Schließung einer Kindertagespflegestelle möglich?
Das Verwaltungsgericht Cottbus entschied in einem Eilverfahren, dass die Frau ihre Kindertagespflegestelle auch während der Corona-Krise weiter betreiben darf. Der Landrat hätte einen Ermessensspielraum gehabt (Infektionsschutzgesetz, § 28 Abs. 1 Satz 2). Dieser hatte die Meinung vertreten, dass er eben diesen nicht gehabt habe: Die SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung des Landes Brandenburg sehe die Schließung von erlaubnispflichtigen und erlaubnisfreien Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe vor.

Kindertagespflegestellen sind jedoch keine solchen Einrichtungen. Die Kindertagespflege zeichne sich dadurch aus, dass die Kinder eine feste Bezugsperson, die Tagesmutter, erhielten. Die Betreuung erfolge anders als in einer Einrichtung also „personenbezogen“. Der Website der Tagesmutter könne man entnehmen, dass sie die alleinige Betreuerin von fünf Kindern sei und keine weiteren Personen beschäftige.

Schließung ohne Befristung unverhältnismäßig
Letztlich entscheidend sei jedoch, dass die Schließungsanordnung wegen einer fehlenden Befristung („bis auf Weiteres zu schließen“) unverhältnismäßig sei. Laut Infektionsschutzgesetz seien Schutzmaßnahmen nur zulässig, soweit und solange sie zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich seien.

Zwar rechtfertige die starke Zunahme der Corona-Fallzahlen innerhalb einer sehr kurzen Zeit und die daraus resultierende hohe Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung auch besonders einschneidende Maßnahmen. Dies setze aber voraus, dass die neueren Entwicklungen der Pandemie stets berücksichtigt und die Maßnahmen angepasst werden müssten.

Der Landrat hätte die Schließungsanordnung also mit einer Frist versehen oder unter eine Bedingung stellen müssen – zum Beispiel, dass die Kindertagespflegestelle bis zum Zeitpunkt des Außerkrafttretens der SARS-CoV-2 Eindämmungsverordnung zu schließen sei. „Die Pflicht zur Schließung der Kindertagespflege ist ohne eine Frist oder Bedingung mit Blick auf die Berufsausübungsfreiheit und wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin nicht verhältnismäßig.“

Das laufende Widerspruchsverfahren biete dem Landrat allerdings die Möglichkeit, die Befristung der Schließungsanordnung nachzuholen. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs sei deshalb lediglich bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides anzuordnen. Es liege in der Hand des Landrats, durch ein zügiges Betreiben des Widerspruchsverfahrens die Schließung der Kindertagespflegestelle zu erreichen.

Verwaltungsgericht Cottbus am 3. April 2020 (AZ: 3 L 164/20)