Beschlüsse Kinder

Corona-Pandemie: Umgangsberechtigtes Elternteil darf Kind sehen

04.11.2020

(red/dpa). Wir spüren es jeden Tag: Corona erschwert den persönlichen Kontakt. Leben die Eltern getrennt, kann der Umgang des umgangsberechtigten Elternteils zum Streitpunkt werden. Das Oberlandesgericht Braunschweig machte deutlich: Die Corona-Pandemie rechtfertigt nicht, den Umgang auszusetzen.

Das Mädchen lebt bei der Mutter, die das alleinige Sorgerecht hat. Die Eltern der Sechsjährigen sind nicht verheiratet und leben in getrennten Haushalten. Sie streiten um das Umgangsrecht des Vaters. Der Umgang zwischen ihm und seiner Tochter fand bislang überwiegend im Beisein der Mutter statt. Sie war nicht einverstanden, dass die Tochter den Vater in dessen Haushalt besucht und dort auch übernachtet. Er habe kein Gespür für die der Tochter drohenden Gefahren und sie wiederholt im Auto nicht hinreichend gesichert.

Als das Familiengericht dem Vater einen umfangreicheren Umgang mit Übernachtungsbesuchen zusprach, wollte die Mutter Beschwerde einlegen und beantragte die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das beabsichtigte Beschwerdeverfahren.

Corona: Darf umgangsberechtigter Elternteil sein Kind sehen?
Das Gericht sah keine ausreichende Aussicht auf Erfolg und lehnte den Antrag ab. Das Familiengericht habe den Umgang des Vaters mit seiner Tochter dem Kindeswohl entsprechend geregelt. Unter anderem wiesen die Richter darauf hin, dass auch die Corona-Epidemie kein Grund sei, den Umgang des Kinds mit seinem Vater zu verweigern. Ein Infektionsgeschehen habe von vornherein keinen Bezug zu den Voraussetzungen des Umgangsrechts. Allein das Auftreten der Corona-Pandemie rechtfertige es nicht, den Umgang auszusetzen.

Covid 19: Auch in der Pandemie Umgang mit dem Kind
Es gebe kein gesetzliches Verbot des Umgangs und ergebe sich auch nicht aus der Tatsache, dass Vater und Tochter nicht in einem Haushalt wohnten. Nach den Corona-Verordnungen gelte zwar durchgängig das Gebot, Kontakte zu anderen Menschen, die nicht zum eigenen Haushalt gehören, auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren. Zum absolut notwendigen Minimum zwischenmenschlicher Kontakte gehöre aber gerade der Umgang zwischen dem nicht betreuenden Elternteil und seinem Kind. Anders verhalte es sich nur bei

  • Anordnung einer Quarantäne,
  • einer Ausgangssperre,
  • nachweislicher Infektion des umgangsberechtigten Elternteils oder eines Angehörigen seines Haushalts mit Covid 19.

Die Erkrankung des Kinds dagegen widerspreche einem Umgang grundsätzlich nicht. Auch der zum Umgang berechtigte Elternteil könne sein krankes Kind versorgen und pflegen. Vorsorglich wies das Gericht darauf hin, dass man eine Testung von dem umgangsberechtigten Elternteil auch nur dann fordern könne, wenn hierfür die Voraussetzungen nach den von den Gesundheitsämtern vorgegebenen Richtlinien gegeben seien, etwa Covid 19-typische Symptome oder der Kontakt mit erkrankten Personen.

Oberlandesgericht Braunschweig am 20. Mai 2020 (AZ: 1 UF 51/20)