Beschlüsse Kinder

Elternteil hat keinen Anspruch auf Einsicht in Jugendamt-Akte der Tochter

25.06.2020

(red/dpa). Zwischen Jugendamtsmitarbeiter und Klient muss ein Vertrauensverhältnis bestehen. Nur dann kann der Mitarbeiter dem Kind oder Jugendlichen effektiv helfen. Um dieses Vertrauensverhältnis zu schützen, unterliegen die Akten der Klienten einem besonderen Schutz. Auch die Eltern dürfen sie nicht ohne weiteres einsehen.

Der Vater forderte beim Amt für Familie, Kinder und Jugend, Sozialer Dienst Einsicht in die Verwaltungsakte seiner Tochter. Die Behörde vermute offensichtlich eine mögliche Kindeswohlgefährdung seiner Tochter. Sie sei deswegen ohne sein Wissen in der Schule zu möglichen Vorkommnissen befragt worden.

Mitarbeiter des Jugendamts darf Akten nur in Ausnahmefällen weitergeben
Vor Gericht hatte der Mann keinen Erfolg. Er hat keinen Anspruch auf Einsicht. Sozialdaten – zu denen die Daten der Tochter gehörten – unterliegen einem spezialgesetzlichen Schutz. Wenn sie dem Mitarbeiter des Jugendamts anvertraut worden sind, dürfen sie nur in ganz bestimmten Ausnahmefällen weitergegeben werden.

Ein solcher Ausnahmefall liege hier jedoch nicht vor, zumal die Tochter bzw. deren mitsorgeberechtigte Mutter als gesetzliche Vertreterin nicht in die Weitergabe der Sozialdaten eingewilligt habe. Das gelte auch für die Personen, deren Angaben laut Kläger Anlass für die Befragung der Tochter gewesen sein sollen. Im Übrigen kenne er ja diese Aussagen. Zwar sei der Wunsch verständlich, die Angaben zu Beweiszwecken schriftlich zu haben, rechtfertige aber nicht die Einsicht in Akten.

Eltern dürfen Akte ihres Kinds nur mit dessen Zustimmung einsehen
Der „besondere Vertrauensschutz in der persönlichen und erzieherischen Hilfe“ sei gesetzlich festgeschrieben. Er solle das Vertrauensverhältnis zwischen dem Jugendamt-Mitarbeiter und dem Klienten schützen. Das diene dazu, effektiv Hilfe leisten zu können und damit in der Regel dem Kindeswohl. Dies sei höher zu veranschlagen als das Informationsbedürfnis einer anderen Person oder Behörde. Die für die persönliche und erzieherische Hilfe unverzichtbare Offenheit und Mitwirkungsbereitschaft könne nur entstehen, wenn der Jugendamtsmitarbeiter ihm anvertraute Sozialdaten – bis auf klar definierte Ausnahmen – nicht weitergeben dürfe. Ohne eine solche Regelung könne sich kein persönliches Vertrauensverhältnis entwickeln.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg am 27. April 2020, AZ: 12 S 579/20