Beschlüsse Kinder

Fehlende optimale Förderung: kein Teilentzug des Sorgerechts

13.03.2023

(DAV). Ist das Kindeswohl gefährdet und sind die Eltern nicht willens oder in der Lage, die Gefahr abzuwenden, muss das Gericht Maßnahmen treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind. So will es das Gesetz. Erhält das Kind nicht die bestmögliche Förderung, ist dies nicht als Gefährdung des Kindeswohls anzusehen.

Das Familiengericht hatte der alleinsorgeberechtigten Mutter Teile des elterlichen Sorgerechts entzogen. Das Kind leidet an Autismus und hat einen sehr hohen Bedarf an Förderung und Betreuung rund um die Uhr. Die Mutter werde langfristig nicht in der Lage sein, die Betreuung und Versorgung sicherzustellen, ohne das Kindeswohl zu gefährden, begründete das Gericht seine Entscheidung.

Alleinerziehender Elternteil fällt möglicherweise zukünftig aus – Gefahr für das Kindeswohl?
Der Sachverständige traute der Mutter zwar die Betreuung zu, doch sah das Familiengericht die Gefahr, dass sie „mit fortschreitendem Alter ausfalle bzw. nicht mehr in der Lage sei, auf ihr Kind einzuwirken“. Beteiligte hätten sie als liebevolle Mutter beschrieben, die ihr Kind jedoch nicht fördere. Eine Fremdunterbringung des Kinds lasse sich langfristig nicht vermeiden.

Das sah das Oberlandesgericht Braunschweig anders. Das alleinige Sorgerecht verbleibt vollständig bei der Mutter. Die Richter stellten fest: Es stelle keine gegenwärtige Kindeswohlgefährdung dar, wenn ein alleinerziehender Elternteil möglicherweise zukünftig ausfalle.

Fremdunterbringung zum Schutz des Kindeswohls?
Eine „vorbeugende Fremdunterbringung zum Zwecke einer für das Kind vorteilhaften frühzeitigen Eingewöhnung in einer Einrichtung“ ohne konkreten Anlass rechtfertige nicht den Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts und der Gesundheitsfürsorge. Eine Gefährdung des Kindeswohls sei auch dann nicht gegeben, wenn der Vorwurf bestehe, dass das Kind nicht die bestmögliche Förderung erhalte. Die Betreuung durch die Mutter einerseits und die Schule andererseits sorgten dafür, dass für die unverzichtbaren Bedürfnisse des Kindes Sorge getragen würde.

Das Gericht wies auch darauf hin, dass die Unterbringung des Kinds zum jetzigen Zeitpunkt seine Situation nicht verbessern würde. Die seelische Belastung durch die Trennung von der Mutter und dem bekannten Umfeld sehr wäre hoch.

Oberlandesgericht Braunschweig am 22. Dezember 2022 (AZ: 2 UF 122/22)