Beschlüsse Kinder

Gemeinsames Sorgerecht gegen den Willen des Kinds?

15.12.2020

(red/dpa). Nach der Trennung streiten Eltern häufig um das Sorgerecht. Doch auch die Kinder haben ein Wörtchen mitzureden – allerdings ist das nicht immer ausschlaggebend.

Die Eltern stritten um das Sorgerecht für ihre beiden Kinder. Die Mutter wollte die Aufhebung des gemeinsamen Sorgerechts erreichen. Sie begründete das vor allem damit, dass die 13-jährige Tochter dieses ablehne.

Der Antrag der Mutter auf Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren blieb erfolglos. Das Gericht sah keinen Grund, warum das Kindeswohl die Aufhebung der gemeinsamen Sorge erfordere.

Sorgerecht: Kindeswohl vor Kindeswille
Zwar sei der Kindeswille zu beachten, betonten die Richter, doch bedeute das nicht, dass Entscheidungskompetenz und -verantwortung auf das Kind „abgewälzt“ würden. Der Kindeswille bleibe ein Gesichtspunkt. Übergeordnet sei jedoch das Kindeswohl, also das „wohlverstandene Kindesinteresse“. „Der Kindeswille allein ist daher kein Grund, das gemeinsame Sorgerecht der Eltern aufzuheben, wenn nicht noch objektive Gründe des Kindeswohls dafür sprechen.“

Umgekehrt könnten die wohlverstandenen Kindesinteressen es aber auch rechtfertigen, vom Kindeswillen abzuweichen. Im vorliegenden Fall schien es dem Gericht von Bedeutung, dass die Tochter sich nach der Trennung der Eltern offenbar auf die Seite der Mutter habe schlagen wollen. Dies könne ein Faktor für ihre Ablehnung gegenüber dem Vater sein. Hinzu komme, dass sie zwar konstant den Kontakt zu ihm verweigere, aber durchaus wechselhafte Positionen zur Frage des Sorgerechts eingenommen habe. Ein solch schwankender Wille sei in der Regel Ausdruck von Loyalitätskonflikten und innerer Hin- und Hergerissenheit des Kinds.

Gemeinsame Sorge: Inwieweit hat Kindeswille Gewicht?
In der Tat sei der Wille einer 13-jährigen als ein Akt der Selbstbestimmung in Sorgerechtsentscheidungen weitgehend zu berücksichtigen, wenn dies mit dem Kindeswohl vereinbar sei. Würde dies nicht berücksichtigt, müsse man auch beachten, ob das Kind nicht so weit in seiner Entwicklung sei, dass eine Entscheidung gegen seinen Willen seine weitere Entwicklung gefährden könne.

Das sah das Gericht hier nicht. Im Gegenteil eröffne das gemeinsame Sorgerecht hier dem Vater weiterhin die Möglichkeit, seine Elternschaft auszuüben, ohne in die Notwendigkeit zu geraten, hierfür den direkten und persönlichen Kontakt suchen zu müssen, den die Tochter aktuell ablehne.

Oberlandesgericht Köln am 28. März 2019 (AZ: II-10 UF 18/19, 10 UF 18/19)