Beschlüsse Kinder

Gemeinsames Sorgerecht trotz mangelndem Engagement eines Elternteils

03.08.2021

(red/dpa). Geringes Engagement und Interesse eines Elternteils an seinem Kind kann Grund genug sein, um das Sorgerecht auf den anderen Elternteil zu übertragen – muss es aber nicht.

Der Junge lebt bei seiner Mutter, der Vater zahlt regelmäßig Unterhalt für ihn. Die Mutter wollte das alleinige Sorgerecht erreichen. Der zu dem Zeitpunkt 13-jährige Sohn sprach sich ebenfalls dafür aus. Zwischen ihm und dem Vater bestand schon seit etwa zwei Jahren kein Kontakt mehr. Wichtige Entscheidungen für ihren Sohn trifft die Mutter allein, der Kontakt zum Vater beschränkt sich auf Whatsapp-Chats. Zwar gab der Vater zu, sich zuletzt wenig um seinen Sohn gekümmert zu haben, trotzdem wollte er am gemeinsamen Sorgerecht festhalten.

Das Gericht stimmte dem zu. In diesem Fall sei das besser für das Kindeswohl. Der Vater zeige durch die regelmäßige Unterhaltszahlung durchaus eine „gewisse aktive Grundverantwortung“. Zwar beschränke sich die Kommunikation auf ein Minimum, doch stehe der Vater grundsätzlich zur Verfügung. Die Chats zeigten auch, dass er grundsätzlich Interesse an seinem Kind habe. Allerdings erwecke die Tatsache, dass er sich zu den letzten Geburtstagen des Sohns nicht gemeldet habe, in der Tat den Anschein von Desinteresse. Zu berücksichtigen sei aber auch, dass der Vater sich in jeder Hinsicht kooperationsbereit erklärt habe.

Auch auf den Wunsch des Sohns ging das Gericht ein. Dieser sei ernst zu nehmen, doch habe er keine entscheidende Bedeutung. Die persönliche Anhörung habe deutlich gemacht, dass er von seinem Vater enttäuscht sei, ihn aber nicht vollständig und dauerhaft ausschließen möchte. Eine Auseinandersetzung mit dem Vater und der Vater-Sohn-Beziehung entspreche auch entwicklungspsychologisch der weiteren Entwicklung des Kinds am besten.

Amtsgericht Frankenthal am 1. Juni 2021 (AZ: 71 F 108/21)