Beschlüsse Kinder

Kinderehe: Keine Aufhebung bei besonderer Härte

22.07.2019

(red/dpa). Kinderehen sind in Deutschland verboten. Darunter versteht man Ehen, in der mindestens ein Ehepartner unter 18 Jahre alt ist. Hat einer der Partner bei der Heirat das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet, ist die Ehe automatisch unwirksam. Eine Ehe, die im Alter zwischen 16 und 18 Jahren geschlossen wurde, soll durch richterliche Entscheidung aufgehoben werden. Dies gilt auch für Ehen, die nach ausländischem Recht geschlossen wurden. Die Aufhebung soll dem Schutzbedürfnis der Minderjährigen, die verheiratet in der Bundesrepublik Deutschland ankommen, Rechnung tragen. In besonderen Härtefällen kann das Gericht allerdings davon absehen.

Als das rumänische Paar im Sommer heiratete, war die Frau 16 Jahre alt. Der sechs Jahre ältere Mann lebte und arbeitete zu der Zeit bereits seit einigen Jahren in Deutschland. Seine Frau zog zu ihm.

Das Gericht hob die Ehe nicht auf, weil es hier einen Fall von besonderer Härte für die junge Frau sah. Als EU-Bürgerin habe sie ein Recht auf Freizügigkeit. Das würde durch die Aufhebung der Ehe verletzt.

Diese Arbeitnehmerfreizügigkeit bedeute, dass jeder EU-Bürger in jedem EU-Staat arbeiten und seinen Ehepartner mitbringen dürfe. Würde die Ehe aufgehoben, hätte die Frau kein Aufenthaltsrecht mehr und müsste Deutschland verlassen.

Die Umstände im konkreten Fall rechtfertigten diese Entscheidung:

  • Die Eheschließung erfolgte ohne Zwang
  • Der Mann ist in seiner gesamten Zeit in Deutschland durchgängig berufstätig gewesen
  • Das Ehepaar hat ein kleines Kind, das in Deutschland geboren wurde
  • Die Familie lebt in geordneten Verhältnissen und wird von den am Ort lebenden Eltern des Manns unterstützt
  • Die Frau hat sich gut eingelebt in Deutschland.

Außerdem gebe es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Aufrechterhaltung der Ehe die Entwicklungschancen der Frau beeinträchtigen könnte oder dass sie nicht in der Lage gewesen sei, die Tragweite einer Eheschließung zu erfassen.

Das Ehepaar habe darüber hinaus erklärt, an der Ehe festhalten zu wollen. Für den Fall der Aufhebung wollten sie weiter zusammenleben und erneut heiraten, wenn die Frau volljährig sein würde.

Oberlandesgericht Oldenburg am 18. April 2018 (AZ: 13 UF 23/18)