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Kindergeld: Keine Sperrfrist für EU-Bürger bei Anspruch schon vor Umzug nach Deutschland

16.03.2021

(red/dpa). Grundsätzlich kann ein EU-Bürger, der nach Deutschland zieht, Anspruch auf Kindergeld haben. Ist er oder sie nicht berufstätig, besteht zunächst eine dreimonatige Sperrfrist. Das gilt jedoch nicht immer.

Im Sommer 2020 zog die Frau, bulgarische Staatsbürgerin, mit ihren Kindern nach Deutschland zu ihrem Ehemann. Der Mann, Vater der beiden Kinder, lebte und arbeitete bereits seit Ende 2019 in Deutschland. Er ist angestellt und in Vollzeit berufstätig.

Kindergeld: Wann gilt dreimonatige Sperrfrist für EU-Bürger?
Die Frau beantragte Kindergeld für die beiden Kinder. Der Mann erklärte sich mit der Auszahlung an seine Frau einverstanden. Die Familienkasse lehnte den Antrag für den Zeitraum Juli bis September 2020 ab. Für nichterwerbstätige EU-Bürger gelte eine dreimonatige Sperrfrist ab Begründung des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltes in Deutschland.

Die Klage der Frau hatte Erfolg. Die Sperrfrist greife hier nicht. Die Frau habe bereits vor dem Zeitraum Juli bis September 2020 Anspruch auf deutsches Kindergeld gehabt. Für die Begründung eines Wohnsitzes sei auch ein fiktiver Familienwohnsitz ausreichend. Die Klägerin habe einen solchen fiktiven Wohnsitz schon vor ihrem Zuzug nach Deutschland gehabt, weil ihr Ehemann bereits hier gewohnt und gearbeitet habe.

Auch fiktiver Wohnsitz begründet Anspruch auf Kindergeld
Es sei nicht Sinn und Zweck der Sperrfrist, den Kindergeldanspruch für solche Zugezogenen auszuschließen, die ohnehin schon als „fiktiv Inlandsansässige“ einen Anspruch haben. Der Sinn sei vielmehr, das deutsche Sozialsystem davor zu schützen, in unangemessener Weise in Anspruch genommen zu werden. Man wolle eine Anreizwirkung des Kindergelds für den Zuzug nach Deutschland vermeiden.

Dagegen sollten aber weder der Zuzug als solcher noch die Inanspruchnahme des Kindergelds als solche verhindert werden. Um einen Zuzug, um Kindergeld in Anspruch zu nehmen, handele es sich aber nicht, wenn der Kindergeldanspruch schon vorher bestehe.

Finanzgericht Münster am 10. Dezember 2020 (AZ: 8 K 2975/20 Kg)