Beschlüsse Kinder

Umgangsrecht von entfernten Verwandten

25.11.2016

(red/dpa). Grundsätzlich kommt auch ein Umgangsrecht mit entfernten Verwandten in Betracht. Maßstab ist dabei, ob es eine sozial-familiäre Beziehung zu dem Kind gibt.

So kann auch eine Großtante einen Anspruch auf Umgang mit dem Großneffen haben, etwa weil sie die einzige Bezugsperson aus der väterlichen Herkunftsfamilie ist. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle vom 27. November 2015 (AZ: zehn WS 303/15) im Wege des Antrags auf Verfahrenskostenhilfe.

Umgangsrecht der Großtante?
Die Großtante möchte Umgang mit ihrem Neffen haben. Sie ist die einzige Bezugsperson des Kindes in seiner väterlichen Familie. Der Vater hatte die Mutter des Jungen getötet und verbüßt eine mehrjährige Haftstrafe. Die Großeltern leben in der Türkei, andere Bezugspersonen aus der väterlichen Familie gibt es nicht.

Als das Kind ein bis zwei Jahre alt war, verbrachte die Großtante über einen Zeitraum von zehn Monaten hinweg an jedem dritten Wochenende fünf Stunden mit dem Kind in dem Haushalt. Sie beantragte Umgang mit dem Kind sowie Verfahrenskostenhilfe für die erste Instanz.

Verfahrenskostenhilfe und Aussicht auf Erfolg
Das Oberlandesgericht schloss nach seiner im Verfahrenskostenhilfestadium gebotenen Prüfung nicht aus, dass ein Umgangsrecht der Großtante bestehen könne. Es komme darauf an, ob es eine sozial-familiäre Beziehung zu dem Kind gebe.

Von einer solchen Beziehung gehe man üblicherweise aus, wenn Antragsteller oder Antragstellerin tatsächlich für das Kind Verantwortung trage oder getragen habe. Oder auch dann, wenn eine gewachsene soziale Familienbeziehung festzustellen sei, die in der Regel vorliegt, wenn die betreffende Person über einen längeren Zeitraum mit dem Kind in häuslicher Gemeinschaft zusammen gelebt habe.

Nach alldem könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Beziehung zwischen Großtante und Neffe in der Vergangenheit so vertraut gewesen sei, dass die Großtante eine Bezugsperson des Kindes geworden sei. Auch wenn sie nur alle drei Wochen für etwa fünf Stunden zusammen gewesen seien, müsse ein großzügiger Maßstab bei der Prüfung angelegt werden.

Das Gericht berücksichtigte auch, dass die Großtante die einzige Bezugsperson des Kindes in seiner väterlichen Herkunftsfamilie ist. Sie könne also für die Identitätsfindung des Kindes wichtig sein.

Im konkreten Fall sah das Gericht auch nicht die Gefahr eines „Umgangstourismus“. Es gibt keine große Zahl von Umgangsberechtigten, daher spreche nichts dagegen, den Begriff der sozial-familiären Beziehung in einem weiten Sinne zu verstehen.