Beschlüsse Kinder

Verdacht auf Kindeswohlgefährdung – Tagesmutter darf Tätigkeit nicht weiter ausüben

04.11.2020

(red/dpa). Besteht ein begründeter Verdacht, dass in einer Tagespflegestelle Gefahr für das Wohl des Kinds besteht, reicht das aus, um der Tagespflegeperson die Erlaubnis zu entziehen.

Die Eltern hatten ihren einjährigen Sohn in die Obhut einer Tagesmutter in einer Tagespflegestelle gegeben. Am dritten Tag entdeckten sie ein kleines Hämatom hinter dem Ohr des Jungen, an den nächsten Tagen dann weitere blaue Flecken an Armen und Beinen. Sie ließen ihren Sohn beim Kinderarzt untersuchen. In seinem Befund schrieb der Arzt: „Streifenform, Größe, Parallelität und Anordnung legen den Verdacht nahe, dass es sich um die Abdrücke einer Hand eines Erwachsenen handelt.“ Das bestätigte ein weiterer Arzt im Krankenhaus.

Hämatome nach Besuch der Tagespflegestelle: Verdacht auf Kindeswohlgefährdung
Der Tagesmutter wurde daraufhin die Erlaubnis zur Kindertagespflege entzogen. Gegen die Aufhebung legte sie Widerspruch ein. Ohne Erfolg. Ihr Widerspruch habe keine aufschiebende Wirkung, entschied das Gericht.

Kind mit blauen Flecken – Tagesmutter darf Kindertagespflege nicht weiter betreiben
Bei der notwendigen Interessenabwägung überwiege das öffentliche Interesse an der sofortigen Aufhebung das private Interesse der Tagesmutter, vorläufig die Kindertagespflege weiter zu betreiben. Sei das Wohl eines Kinds in der Kindertagespflegestelle gefährdet, müsse die Erlaubnis ganz oder teilweise aufgehoben werden, sofern die Tagespflegeperson die Gefährdung nicht abwenden wolle oder könne.

Es spreche viel dafür, dass dem Jungen die Hämatome in der Tagespflegestelle und, jedenfalls teilweise, durch die Tagesmutter zugefügt worden seien. Zahlreiche Elternbeschwerden belegten darüber hinaus, dass die Tagesmutter mitunter einen recht ruppigen Tonfall gegenüber den Tageskindern pflege. „Dass sich solche Umgangsformen, beispielsweise bei dem Versuch, ein Kind auf dem Wickeltisch zu fixieren ... in einem zu festen Zupacken fortsetzen können, liegt nach naher Betrachtung nicht fern.“

Die Tagesmutter habe eine zumindest fahrlässige Körperverletzung begangen. Bereits aufgrund dieses einen Falls bestehe die Besorgnis, dass das Kindeswohl in der Tagespflegestelle gefährdet sein könne. Die blauen Flecke des Jungen beruhten nicht auf einem einmaligen Versagen der Frau als Aufsichtsperson. Es liege vielmehr nahe, dass sie in der täglichen Betreuung immer wieder in Situationen des Kontrollverlusts gerate, bei denen man eine Kindeswohlgefährdung nicht ausschließen könne. Ihre Reaktion – gekennzeichnet durch pauschales Bestreiten, Präsentation von nicht plausiblen, alternativen Geschehensabläufen und Uneinsichtigkeit – verdeutlichten, dass sie nicht bereit sei, ihr kindeswohlgefährdendes Verhalten zu ändern.

Verwaltungsgericht Potsdam am 19. Juni 2020 (AZ: 7 L 295/20)