Beschlüsse Kinder

Verweigerung des Schulbesuchs ist Kindeswohlgefährdung

18.05.2023

(red/dpa). Die Weigerung von Eltern, ihr Kind zur Schule zu schicken, kann einen Missbrauch der elterlichen Sorge darstellen, der das Kindeswohl nachhaltig gefährdet. Dann sind Maßnahmen des Familiengerichts erforderlich.

Der Junge wechselte 2020 von der Grund- auf die Realschule. Die Eltern sorgten für ein Attest, das ihren Sohn von der Maskenpflicht befreite. Als die Schule im Frühjahr 2021 wieder zum Präsenzunterricht überging, blieb der Junge zu Hause. Mit Beginn des Schuljahrs 2021/22 im September 2021 begann die Schule auf den Schulbesuch des Jungen zu drängen. Die Eltern verweigerten dies mit Hinweis auf die geltende Test- und Maskenpflicht. Die Eltern legten wiederum ein Attest vor und wiesen darauf hin, dass zu Hause eine intensive Beschulung unter Aufsicht der Mutter erfolge. Sie hätten hierfür staatliche Schulbücher angeschafft.

Im Januar 2022 wandte sich die Schule schließlich an das Familiengericht.
Zu einem anberaumten Anhörungstermin Ende März erschien die Familie nicht. Sie hatte das Familiengericht aufgefordert, zum Nachweis der eigenen Legalität die Gründungsurkunde der Bundesrepublik Deutschland vorzulegen. Das Familiengericht war dem nicht nachgekommen.

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Am 22. August 2022 entzog das Familiengericht den Eltern vorläufig die elterliche Sorge unter anderem für die Teilbereiche Aufenthaltsbestimmungsrecht und Entscheidungen in schulischen Angelegenheiten.

Die Beschwerde der Eltern dagegen war zum Teil erfolgreich. Sie sei aufgrund der mittlerweile eingetretenen Entwicklung teilweise begründet. Hintergrund war, dass die Eltern mitgeteilt hatten, ihr Sohn werde voraussichtlich im Februar 2023 in ein Schulprojekt aufgenommen, in dem er auf den regulären Schulbesuch vorbereitet werde.

Die Richter erläuterten: Das Familiengericht habe zu Recht festgestellt, dass der unterbliebene Schulbesuch des Kinds eine Kindeswohlgefährdung darstelle. Nachdem die Eltern aber inzwischen zugesichert hätten, zukünftig für den Schulbesuch ihres Sohns und die Vorbereitung hierfür zu sorgen, sei nun die Erteilung einer vorläufigen Auflage ausreichend. Den Eltern werde vorläufig das Gebot erteilt, für eine regelmäßige Teilnahme des Jungen an dem Schulprojekt mit dem Ziel eines Übergangs in den regulären Schulbesuch zu sorgen.

Das Familiengericht habe zu Recht eine Gefährdung des Kindeswohls im Haushalt der Eltern angenommen. Diese Gefährdung dauere auch an. Es bestehe die konkrete Gefahr, dass die Eltern ohne Kindesschutzmaßnahmen auch weiterhin nicht ausreichend für den Schulbesuch des Kinds sorgten. Sie hätten lange Zeit die Legitimation staatlichen Handelns in dieser Sache grundsätzlich in Frage gestellt, und erst unter dem Eindruck des gerichtlichen Beschlusses und in zeitlichem Zusammenhang mit dem Anhörungstermin zwei Schulen angeschaut.

Damit erscheine in Abwägung einerseits die vom Familiengericht – noch auf der Grundlage einer völligen Verweigerung der Eltern – angeordnete Entziehung von Teilen der elterlichen Sorge derzeit nicht mehr erforderlich. Andererseits gebe es weiterhin erheblich Zweifel an einer ausreichenden Kooperationsbereitschaft der Eltern. Daher sei die Erteilung der Auflage erforderlich und auch verhältnismäßig.

Oberlandesgericht Karlsruhe am 25. Januar 2023 (AZ: 5 UF 188/22)