Beschlüsse Scheidung

Aufhebung des Sorgerechtsentzug bei Wegfall der Gefahr für das Kind

30.04.2019

(red/dpa). Ist das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kinds oder sein Vermögen bedroht, kann das Gericht den Eltern das Sorgerecht entziehen. Allerdings dürfen die Richter Maßnahmen, mit denen die Trennung von Kind und Eltern verbunden ist, nur dann anordnen, wenn die Gefahr nicht auf andere Weise abgewendet werden kann.

Den Eltern war 2016 das Sorgerecht für ihre Tochter entzogen worden. Sie standen im Verdacht, das Kind als Säugling geschüttelt und damit ein Schütteltrauma ausgelöst zu haben. Das Kind lebte dann bei Pflegeeltern. Das Familiengericht hob rund ein Jahr später den Entzug der Sorge wieder auf. Das Kind konnte in den Haushalt der Eltern zurückkehren. Die Eltern verpflichtete das Gericht, öffentliche Hilfen in Anspruch zu nehmen.

Dagegen legte unter anderem der Ergänzungspfleger Beschwerde ein. Im Hinblick auf die ungeklärten Vorgänge, die zur gesundheitlichen Schädigung des Kinds geführt hätten, dürfe das Kind nicht zu seinen Eltern zurückkehren.

Das Oberlandesgericht Frankfurt bestätigte die Entscheidung des Familiengerichts. Die Voraussetzungen, unter denen ein Eingriff in das elterliche Sorgerecht und insbesondere die Trennung des Kinds von den Eltern erfolgen könne, seien nicht mehr gegeben.

Eltern nehmen Hilfen in Anspruch: Kind kann zurückkehren
Die Eltern nähmen die Hilfen, die die einschlägigen Experten für erforderlich hielten, in Anspruch. Die Rückführung sei im Rahmen einer engmaschigen Begleitung und Betreuung von Eltern und Kind erfolgt und könne nur als gelungen bezeichnet werden. Ein Hausbesuch der beauftragten Richterin habe gezeigt, dass die Tochter ein vertrauensvolles Verhältnis zu ihren Eltern habe und sich in deren Wohnung wohlfühle. Die Eltern arbeiteten gut mit den Familienhelfern zusammen. Diese bestätigten auch, dass die Zusammenarbeit gut funktioniere. Die Eltern seien auch in der Lage, in schwierigen Situationen Hilfe zu suchen und anzunehmen. Durch die Hilfestellung hätten die Eltern, insbesondere die Mutter, erhebliche Erziehungskompetenzen hinzugewonnen.

Elterliche Sorge: Gefahrenprognose bei Frage der Aufrechterhaltung der Trennung von Kind und Eltern
Aufgrund der positiven Entwicklung, die die Tochter im Haushalt der Eltern genommen habe, habe man im letzten Hilfeplangespräch die Reduzierung der Fachleistungsstunden der Familienhelfer erörtert. Alle Beteiligten – die Familienhelfer eingeschlossen –, gingen davon aus, dass die Eltern eine solch engmaschige Betreuung wie im Rahmen der Rückführung nicht mehr benötigten. Die Entscheidung, ob die Aufrechterhaltung einer Trennung des Kinds von seinen Eltern zulässig und geboten sei, hänge von einer Gefahrenprognose ab, die das Gericht erstellen müsse.

Im vorliegenden Fall konnten die Richter eine Gefährdung des Kinds im Haushalt der Eltern nicht mit dem erforderlichen Grad der Wahrscheinlichkeit feststellen:

  • Es sei nicht mehr möglich aufzuklären, wie es zu den Schädigungen – eine überwiegende Wahrscheinlichkeit spreche für eine Herbeiführung durch Schütteln im Säuglingsalter – gekommen sei und wer das Kind geschüttelt habe.
  • Aufgrund des Alters des Kinds sei auszuschließen, dass ihm erneut ein Schütteltrauma zugefügt werden könne.
  • Die Eltern nähmen öffentliche Hilfen in Anspruch.
  • Die Rückführung sei sehr positiv verlaufen.

Die Voraussetzungen für die Trennung von Eltern und Kind seien daher entfallen.

Oberlandesgericht Frankfurt am 18. April 2018 (AZ: 4 UF 240/17)