Beschlüsse Scheidung

Ausbildung wegen Krankheit unterbrochen – Anspruch auf Kindergeld bleibt

04.07.2018

(red/dpa). Ein volljähriges Kind, das eine Ausbildung macht, kann Anspruch auf Kindergeld haben. Daran ändert auch eine längerfristige Erkrankung nichts.

Die Mutter hatte für ihre 1994 geborene Tochter Kindergeld bezogen. Im März 2014 nahm die Tochter eine Ausbildung an einer Modefachschule auf. Die Mutter beantragte entsprechend am 4. März Kindergeld. Im April 2015 musste sie der Familienkasse mitteilen, dass die Tochter zum 31. März 2015 ihre Ausbildung krankheitsbedingt habe abbrechen müssen. Sie legte eine Bestätigung des Ausbildungsbetriebs vor sowie das Attest einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie. Darin führte die Ärztin aus, dass die Tochter aus Krankheitsgründen nicht am Schulunterricht teilnehmen könne: Derzeit sei nicht absehbar, wann die junge Frau wieder die Schule besuchen könne.

Die Familienkasse forderte ein amtsärztliches Gutachten. Die Mutter ließ dieses Schreiben zunächst unbeantwortet, da zu diesem Zeitpunkt keine ärztliche Diagnose vorhanden gewesen sei. Eine ärztliche Behandlung bei einer Allgemeinmedizinerin ab Juli 2015 blieb erfolglos. Ab Dezember stand für die Tochter dann ein geeigneter Therapieplatz bei einer Diplom-Psychologin zur Verfügung.

Kein Kindergeld trotz amtsärztlichem Gutachten?
Zum Juli 2015 stellte die Familienkasse die Kindergeldzahlung ein. Dagegen wehrte sich die Mutter. Wie von der Familienkasse gefordert ließ sie ihre Tochter amtsärztlich untersuchen. Die Amtsärztin teilte der Familienkasse im Oktober 2016 mit, dass bei der jungen Frau eine Erkrankung aus dem psychosomatischen Formenkreis vorliege. Fachärztliche und psychotherapeutische Behandlung sei notwendig. Es sei nachvollziehbar, dass sie aus diesen Gründen die Ausbildung habe unterbrechen müssen. Mutter und Tochter teilten der Familienkasse anschließend mit, dass die Tochter voraussichtlich im Jahr 2017 die Ausbildung fortsetzen oder ein Studium aufnehmen werde. Die Familienkasse lehnte die Zahlung von Kindergeld jedoch ab, weil die Tochter die Ausbildung abgebrochen habe.

Unterbrechung der Ausbildung wegen Krankheit – weiterhin Kindergeld
Die Klage der Mutter war erfolgreich. Die Tochter habe die Ausbildung nicht abgebrochen, sondern lediglich krankheitsbedingt unterbrochen, so die Richter. Die Unterbrechung der Ausbildung infolge einer Erkrankung sei „grundsätzlich unschädlich“. Dem liege der Gedanke zugrunde, dass das Kind in solchen Fällen den Willen habe, die Ausbildung zu absolvieren, aber aus objektiven Gründen – hier also die Erkrankung – daran gehindert sei.

Entgegen der Auffassung der Familienkasse habe sie die Ausbildung im November 2014 nicht aus freiem Willen abgebrochen, sondern krankheitsbedingt nicht fortsetzen können. Der Versuch, das Ausbildungsverhältnis zu kündigen, erfolgte mit Blick auf die Schulgebühren von monatlich 370 Euro. Daraus könne man nicht ableiten, dass die Tochter nicht mehr ausbildungswillig gewesen sei.

Finanzgericht Rheinland-Pfalz am 20. Februar 2018 (AZ: 2 K 2487/16)