Beschlüsse Scheidung

Elternbeiratsvorsitzender: Kündigung des Betreuungsvertrags wegen Kritik?

05.06.2019

(red/dpa). Als Elternrat hat man eine Mittlerposition zwischen Eltern und Träger der Einrichtung, etwa einem Kindergarten. Darf der Träger den Betreuungsvertrag für das Kind kündigen, wenn er meint, der Elternrat hätte gegen ihn agitiert?

Seit Frühjahr 2017 besucht das Kind einen Kindergarten. Der Vater wurde kurze Zeit später zum Elternbeiratsvorsitzenden gewählt. Aus Sicht der Eltern bestanden einige Probleme in der Einrichtung, die der Elternbeirat mit der Leitung und Geschäftsleitung des Kindergartens besprach. Es folgte ein Gespräch beim Landratsamt als zuständiger Aufsichtsbehörde. Im Anschluss schrieb der Mann als Elternbeiratsvorsitzender einen Elternbrief. Unter anderem rief er dazu auf, bei weiteren Problemen auch die Gemeindeverwaltung zu informieren. Sie solle ebenso wie das Landratsamt auf die Geschäftsführung des Kindergartens Einfluss nehmen, „im Sinne einer vertrauensvollen Erziehungspartnerschaft zusammenzuarbeiten“. Anderenfalls solle die Gemeinde sich einen anderen Träger suchen.

Kritik des Elternratsvorsitzenden – fristlose Kündigung des Betreuungsvertrags
Daraufhin kündigte der Kindergarten den Betreuungsvertrag für das Kind des Elternbeiratsvorsitzenden außerordentlich und hilfsweise ordentlich. Die Eltern wandten sich an das Gericht: Alle Schritte des Vaters seien jeweils mit dem Elternbeirat abgestimmt gewesen. Die Geschäftsführung des Kindergartens dagegen behauptete, der Vater habe eigenmächtig gehandelt. Keine anderen Eltern hätten sich beschwert – lediglich über das Vorgehen des Vaters. Das Vertrauensverhältnis sei zerrüttet.

Das Gericht gab den Eltern in einer Eilentscheidung vorerst – befristet bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren – Recht. Weder eine außerordentliche noch eine ordentliche Kündigung sei gerechtfertigt. Die außerordentliche Kündigung des Vertrags sei dann möglich, wenn „unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann“. Das sei hier jedoch nicht der Fall. Das Gericht sah keine ausreichenden Hinweise dafür, dass der Elternratsvorsitzende tatsächlich eigenmächtig gehandelt und gegen die Geschäftsführung agitiert habe.

Es sei die Aufgabe des Elternbeirats, bei Konflikten zwischen Träger und Eltern zu vermitteln. Er bündele die Kritik, die die Eltern aus Angst um den Betreuungsplatz oder den Umgang mit ihrem Kind so nicht äußern möchten, und gebe sie weiter.

Aus Sicht des Gerichts bestand ein so hoher Grad an Gewissheit darüber, dass die ausgesprochene Kündigung unwirksam sei, dass es den Träger bis zur Hauptsacheentscheidung verpflichtete, den Betreuungsvertrag weiterzuführen. Dies sei auch vor dem Hintergrund der negativen Folgen, die ein Kindergartenwechsel für das Kind hätte, angemessen.

Amtsgericht München am 09. August 2018 (AZ: 243 C 14364/18)