Beschlüsse Scheidung

Elternteil in Haft – Recht auf Umgang

13.09.2018

(DAV). Sitzt Vater oder Mutter im Gefängnis, stellt sich häufig die Frage nach dem Umgang mit dem eigenen Kind. Fest steht, dass ein Haftaufenthalt nicht automatisch Verzicht auf den Umgang mit Sohn oder Tochter bedeuten muss.

Der Vater des Kinds war in einer Untersuchungshaftanstalt (UHA) inhaftiert. Diese Anstalt hatte ein Konzept zur Gestaltung des Umganges inhaftierter Väter mit ihren Kindern im Rahmen einer Vater-Kind-Gruppe entwickelt. Hier wollte der Vater seinen Sohn treffen. Die Mutter war jedoch dagegen.

Im Gefängnis: Kontakt mit dem eigenen Kind
Das Gericht gewährte den Umgang im Rahmen der Gruppe. Unter Berücksichtigung aller Umstände und Möglichkeiten der Situation und der berechtigten Interessen der Beteiligten entspreche dieser Umgang dem Wohl des Kinds am besten.

Grundsätzlich haben Kinder das Recht auf Umgang mit Vater und Mutter. Beide sind zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt. Besteht hier Uneinigkeit, muss das Gericht über eine Regelung entscheiden. Dabei muss es insbesondere beachten, dass die Elternrechte dadurch relativiert werden, dass sie nur im Interesse des Kinds bestehen. Auch das Umgangsrecht eines Elternteils besteht nur im Interesse des Kinds. Sein Umfang ist also durch das Kindeswohl begrenzt. Andererseits ergibt sich daraus, dass eine Inhaftierung nicht automatisch ein Recht auf Umgang ausschließt.

Das Gericht legte ausführlich dar, dass das Konzept der Vater-Kind-Gruppe in der UHA grundsätzlich einen Umgang ermöglicht, der mit dem Kindeswohl in Einklang steht. Die Richter hatten sich vor Ort ein Bild davon gemacht.

Die Vater-Kind-Gruppe mache einen Umgang möglich, der für die Kinder keine Belastung darstellt, sondern ihnen einen möglichst unbeschwerten Kontakt mit den Vätern biete. Die Kinder nähmen die Gefängnissituation ersichtlich nicht als bedrohlich oder einschüchternd wahr. So würden die Kinder von den Mitarbeiterinnen zugewandt einzeln begrüßt und je nach Bedürfnis buchstäblich an die Hand genommen. Sie legten den Weg miteinander spielerisch und fröhlich zurück. Die wartenden Väter würden übergangslos innerhalb von Sekunden um- armt und mit Beschlag belegt.

Begleiteter Umgang während der Haft
Auch ohne erneute Anhörung ginge das Gericht davon aus, dass der Junge seinen Wunsch, den Vater im Gefängnis zu besuchen, deutlich und authentisch geäußert habe und dass dieser nach wie vor bestehe. Im Grunde handele es sich um einen begleiteten Umgang, wie er ihn in anderer Form bereits erlebt habe. Nun wisse der Junge schon seit einiger Zeit, dass der Vater im Gefängnis sei und habe seinen Wunsch, den Vater zu treffen in diesem Bewusstsein fortentwickelt.

Er habe das Recht, seinen Vater wenigstens persönlich zu kennen. Angesichts des Kontaktabbruchs vor anderthalb Jahren – da war der Junge viereinhalb Jahre alt – müsse er ohnehin seinen Vater in gewisser Weise neu kennenlernen. Es wäre für die kindliche Entwicklung schädlich, wenn ihm abgesehen von Brief- und Telefonkontakten nur eine immer mehr verblassende Erinnerung an seinen Vater bliebe.

Das Umgangsrecht diene dazu, sich vom körperlichen und geistigen Befinden des anderen fortlaufend zu überzeugen, die verwandtschaftlichen Beziehungen aufrechtzuerhalten, einer Entfremdung vorzubeugen und dem gegenseitigen Liebesbedürfnis Rechnung zu tragen. Mit Blick auf das Kind sei das Umgangsrecht auch das Recht, die gewachsenen Beziehungen zwischen Kind und Erwachsenem fortzusetzen, zu pflegen und so zu einer gedeihlichen Entwicklung des Kinds beizutragen.

Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg am 2. August 2016 (AZ: 2 UF 49/16)