Beschlüsse Scheidung

Falscher Samenspender – Schmerzensgeld für die Mutter

30.08.2018

(DAV). Bei einer heterologen Insemination, einer künstlichen Befruchtung mit Fremdsamen, akzeptieren die Empfängerinnen häufig, den Spender nicht zu kennen. Sie können bei einem zweiten Kinderwunsch dann vereinbaren, dass der Spender wieder derselbe ist. Hat das zweite Kind dann doch einen anderen biologischen Vater, kann die Mutter Anspruch auf Schmerzensgeld haben.

Die Frau, die mit ihrer Partnerin in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebte, unterzog sich 2007 einer künstlichen Befruchtung und bekam eine Tochter. Der Samenspender war den beiden Frauen nicht bekannt. Ende 2007 suchte sie erneut den behandelnden Arzt auf, da sie und ihre Lebensgefährtin sich ein zweites Kind wünschten. Der Spender sollte derselbe sein, so dass die beiden Kinder Vollgeschwister sein würden.

Künstliche Befruchtung mit ‚falschem‘ Sperma
Als die beiden Mütter nach der Geburt des Jungen 2009 feststellten, dass ihre Kinder unterschiedliche Blutgruppen hatten, wandten sie sich wiederum an den Arzt. Es stellte sich heraus, dass die Kinder nicht von demselben Vater abstammten.

Die Frau, zwischenzeitlich von ihrer Partnerin getrennt, klagte unter anderem auf Schmerzensgeld. Sie leide unter Erschöpfungszuständen, depressiven Episoden und Schuldgefühlen gegenüber beiden Kindern. Sie sei deswegen in Behandlung.

Die beklagten Ärzte wandten ein, ein Schmerzensgeld sei nicht gerechtfertigt, da die Klägerin durch die Befruchtung mit „falschem Sperma“ keinen körperlichen Schaden erlitten habe, der unmittelbar auf das ärztliche Verhalten zurückzuführen sei. Die Situation sei vielmehr mit der eines so genannten Schockschadens vergleichbar.

Schmerzensgeld wegen falschem Samenspender
Das Gericht sah das anders: Die Frau habe Anspruch auf ein Schmerzensgeld von 7.500 Euro, da entgegen der vertraglichen Vereinbarung die beiden Kinder nicht von ein und demselben Spender abstammten. Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Mutter gingen auch auf die Pflichtverletzung des Arztes zurück, der die Insemination durchgeführt hat.

Ihre Situation sei nicht mit einem Schockschaden vergleichbar. Ein solcher könne entstehen, wenn jemand miterlebe, wie ein anderer Mensch geschädigt, etwa schwer verletzt werde. Die gesundheitlichen Auswirkungen, die die Frau ins Feld führt, beträfen aber sie selbst. Laut Aussage der Psychotherapeutin, bei der sie in Behandlung sei, habe die ‚falsche‘ Insemination mit nicht von ein und demselben Spender stammendem Sperma den behandlungsbedürftigen Zustand mitverursacht.

Oberlandesgericht Hamm am 19. Februar 2018 (AZ: 3 U 66/16)