Beschlüsse Scheidung

Keine freien Plätze – trotzdem Anspruch auf Kita-Platz

10.08.2018

(red/dpa). Kinder haben Anspruch auf frühkindliche Förderung. Fehlt es an Betreuungsplätzen, ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe dazu verpflichtet, die erforderlichen Kapazitäten zu schaffen.

Die Eltern hatten sich auf der Suche nach einem Betreuungsplatz für ihre 2017 geborene Tochter erfolglos an 25 Kindertagesstätten gewandt. Der Antrag der Eltern auf Zuweisung eines Betreuungsplatzes wies das Verwaltungsgericht Berlin zurück. Die Kapazitäten seien in den Bezirken, die in angemessener Nähe zum Wohnort der Familie lägen, erschöpft. Das gehe aus einer aktuellen Nachfrage des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe – das Land Berlin – bei allen Kita-Trägern Ende Dezember 2017 hervor. Die bestehenden Plätze könnten derzeit aufgrund von Fachkräftemangel und Baumaßnahmen nicht alle vergeben werden. Die Zuweisung eines Platzes sei daher rechtlich nicht möglich. Es bestehe auch kein Anspruch auf Neuschaffung von Einrichtungen. Der Rechtsanspruch sei auf das tatsächliche Angebot beschränkt.

Das sah das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg anders und verpflichtete das Land Berlin, dem Mädchen einen Betreuungsplatz in angemessener Entfernung zu ihrer Wohnung nachzuweisen. Als Umsetzungsfrist räumte es dem Land fünf Wochen ein.

Träger der öffentlichen Jugendhilfe müssen Betreuungsplätze schaffen
Die Richter verwiesen auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts: Der Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung unterliege keinem Kapazitätsvorbehalt. Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe müsse Fördermöglichkeiten in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege in ausreichender Zahl vorhalten. Er habe gegebenenfalls die vorhandenen Kapazitäten so zu erweitern, dass sämtlichen anspruchsberechtigten Kindern ein ihrem Bedarf entsprechender Betreuungsplatz nachgewiesen werden könne.

„Die Amtspflicht, einen Betreuungsplatz zur Verfügung zu stellen, besteht nicht nur im Rahmen der vorhandenen Kapazität“, so das Gericht. Der Jugendhilfeträger sei verpflichtet, eine ausreichende Zahl von Betreuungsplätzen selbst zu schaffen oder durch Dritte – etwa freie Träger der Jugendhilfe oder Kommunen – bereitzustellen. Daher habe die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass sich der Anspruch auf einen Betreuungsplatz auf das tatsächlich vorhandene Angebot beschränke, keinen Bestand. Fachkräftemangel und andere Schwierigkeiten würden eben nicht von der gesetzlichen Pflicht entbinden, Kindern einen angemessenen Betreuungsplatz anzubieten.

Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg am 22.März 2018 (AZ: OVG 6 S 6.18)