Beschlüsse Scheidung

Scheidung in der EU

10.03.2022

Luxemburg/Berlin (DAV). Innerhalb der Europäischen Union muss man bei einem Scheidungsantrag über Ländergrenzen hinweg bestimmte EU-rechtliche Regelungen berücksichtigen.

Der Italiener lebte seit gut sechs Monaten in Österreich. Er wollte sich von seiner deutschen Frau, mit der er in Irland gelebt hatte, scheiden lassen. Seinen Scheidungsantrag wiesen die österreichischen Gerichte in zwei Instanzen ab. Sie seien nicht zuständig. Nach EU-Recht muss der Betreffende mindestens ein Jahr in dem Mitgliedsstaat leben, in dem er den Antrag stellt.

EU: Scheidungsantrag im Land, in dem man lebt?
Der Mann wandte sich an den Obersten Gerichtshof Österreichs. Er war der Meinung, dass diese Entscheidung eine verbotene Diskriminierung darstelle. Die erforderliche Aufenthaltsdauer dürfe nur mindestens sechs Monate betragen, so wie es die EU-Verordnung vorsehe, wenn der Antragsteller die Staatsangehörigkeit des Mitgliedstaats besitze. Der Oberste Gerichtshof legte die Frage dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor.

Der EuGH kam zu dem Ergebnis, dass diese Ungleichbehandlung dem Verbot der „Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit“ nicht widerspreche. Die Verordnung, auf die sich die österreichischen Gerichte beriefen, solle sicherstellen, dass der Antragsteller eine tatsächliche Beziehung zu dem Mitgliedstaat habe, in dem er den Scheidungsantrag stelle.

Es sei also ein Unterschied, ob jemand wegen einer Ehekrise den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltsort verlasse und in sein Herkunftsland zurückkehre oder deswegen in einen beliebigen anderen EU-Staat umziehe.

Der Bürger eines Staates habe institutionelle und rechtliche Bindungen an diesen, außerdem in der Regel unter anderem kulturelle, sprachliche und soziale. Solche Bindungen könnten bereits zur Feststellung der Beziehung beitragen, die zu dem Mitgliedstaat bestehen müsse. Darüber hinaus habe damit der andere Ehepartner eine gewisse Vorhersehbarkeit. Er könne damit rechnen, dass möglicherweise bei den Gerichten dieses Mitgliedstaats ein Antrag auf Ehescheidung gestellt werde.

EuGH am 10. Februar 2022 (AZ: C-522/20)