Beschlüsse Scheidung

Scheidung: Keine Altersvorsorge eines Partners – trotzdem Versorgungsausgleich

18.04.2023

(red/dpa). Bei einer Scheidung wird häufig ein Versorgungsausgleich durchgeführt. Will der Ausgleichspflichtige einen solchen Versorgungsausgleich ausschließen, muss er nachweisen können, warum die Durchführung grob unbillig wäre.

Der Mann war während der Ehe selbständig tätig und zahlte nicht in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Nach seiner Aussage war das zwischen ihm und seiner Frau so abgesprochen. Das Ehepaar trennte sich 2017 und beantragte die Scheidung. Die Frau, die während der Ehe erwerbstätig gewesen war, wollte den Versorgungsausgleich ausschließen lassen. Sie hielt die Durchführung des Versorgungsausgleichs für eine unbillige Härte.

Sie behauptete, ihr Mann habe sie erniedrigt und beleidigt. Seit 2015 sei er mehrfach körperlich übergriffig geworden und habe sie seit 2008 zum Geschlechtsverkehr genötigt, sie außerdem zum Abbruch mehrerer Schwangerschaften gedrängt. Inzwischen leide sie unter anderem unter einer depressiven Störung. Zudem habe ihr Mann während der Ehe keinen Beitrag zum Familienunterhalt geleistet und gegen ihren Willen kein Angestelltenverhältnis aufgenommen.

Das Gericht führte den Versorgungsausgleich durch, wogegen die Frau Beschwerde einlegte. Ohne Erfolg.

Versorgungsausgleich trotz körperlicher Übergriffe in der Ehe?
Grundsätzlich führten verbale Angriffe und einzelne körperliche Attacken, insbesondere im Vorfeld der Scheidung, nicht zu einer Herabsetzung des Ausgleichsanspruchs. Anders verhalte es sich, wenn sie auf langfristigem Fehlverhalten basierten oder von besonders kränkenden Umständen begleitet seien.

Zwar seien die Vorwürfe der Frau möglicherweise erheblich, jedoch habe der Mann ihre Behauptungen bestritten. Die Frau hätte ihre Behauptungen jedoch beweisen müssen: Der Ehepartner, der sich gegen die uneingeschränkte Durchführung des Versorgungsausgleichs wende, müsse nachweisen, warum die Durchführung grob unbillig wäre.

Auch mit Blick auf die fehlende Altersvorsorge des Mannes sahen die Richter keinen Grund, den Versorgungsausglich nicht durchzuführen. Das sei nur dann gerechtfertigt, wenn der ausgleichsberechtigte Ehepartner es während der Ehe schuldhaft versäumt habe, eine angemessene Altersversorgung aufzubauen. Dieses Verhalten dürfe aber nicht auf einer gemeinsamen Lebensplanung oder der Zustimmung des anderen Ehepartners beruhen.

Gegen eine illoyale Verhaltensweise des Manns und für eine gemeinsame Lebensplanung spreche hier schon, dass er bei der Heirat nicht erwerbstätig war. Auch nach Angaben der Frau sei er zu diesem Zeitpunkt nicht bereit gewesen, eine angestellte Tätigkeit anzunehmen. Dagegen sei nicht belegt, dass er später eigenmächtig und schuldhaft entschieden habe, keine weitere Altersvorsorge aufzubauen.

Keine eigene Altersvorsorge – trotzdem ausgleichsberechtigt
Das Gericht wies darüber hinaus darauf hin, dass der Versorgungsausgleich in der Regel auch dann gerechtfertigt sei, wenn der Ausgleichsberechtigte nach Durchführung über eine höhere Versorgung als der Ausgleichspflichtige verfüge. Grob unbillig sei das Ergebnis erst dann, wenn zum Zeitpunkt der Entscheidung klar abzusehen sei, dass der Ausgleichsberechtigte eine im Verhältnis zum Ausgleichspflichtigen unverhältnismäßig hohe Altersversorgung haben werde. Das gleiche gelte, wenn der Ausgleichsberechtigte bereits anderweitig abgesichert sei, während der Ausgleichspflichtige auf die erworbenen Versorgungsanrechte zur Sicherung seines Unterhalts dringend angewiesen sei.

OLG Brandenburg, Beschluss vom 18.03.2022 (AZ: 13 UF 134/21)