Beschlüsse Scheidung

Speedy-Tandem kein Mittel der Rehabilitation – Krankenkasse zahlt nicht

12.07.2012

Ein zwölfjähriger Junge ist wegen einer spastischen Lähmung und Sehstörungen auf den Rollstuhl angewiesen ist, den er aber nicht selbstständig fahren kann. Seine Kinderärztin verordnete ihm deswegen ein Speedy-Tandem. Weder übernahm der Sozialhilfeträger im Rahmen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen die Kosten in Höhe von knapp 3.700 Euro noch die gesetzliche Krankenkasse. Die Krankenkasse argumentierte, das Fahrradfahren gehöre nicht zu den Grundbedürfnissen, für deren Sicherstellung die Krankenversicherung einzutreten habe. Zudem könne die angestrebte Integration des Jungen in die Gruppe der gleichaltrigen Jugendlichen nicht durch ein Speedy-Tandem erreicht werden. Die Eltern hingegen verwiesen darauf, dass das Speedy-Tandem die Teilnahme ihres Sohnes an den Fahrradausflügen der Familie und Freunde ermögliche, in der Schule genutzt werden könne und seine Integration in den Kreis nichtbehinderter Jugendlicher fördere.

Vor Gericht hatten die Eltern keinen Erfolg. Das Speedy-Tandem diene nicht der medizinischen Rehabilitation, entschieden die Richter. Zwar gehöre zum Behinderungsausgleich auch das Erschließen eines gewissen körperlichen Freiraums. Bei Jugendlichen gelte dabei als Maßstab die Entfernung, die ein Jugendlicher mit dem Fahrrad zurücklege. Damit solle in der jugendlichen Entwicklungsphase eine Integration in den Kreis der Gleichaltrigen ermöglicht werden. Sei eine eigenständige Fortbewegung mit dem Hilfsmittel jedoch nicht möglich, könne dieses Ziel nicht erreicht werden. Der Junge könne aufgrund seiner Behinderung lediglich passiv umhergefahren werden. Hinzu komme, dass dies auf der Straße nur Personen über 15 Jahre tun könnten.

Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. Juni 2012 (AZ: L 1 KR 100/10)