Beschlüsse Scheidung

Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge und Kindeswohl

24.06.2019

(red/dpa). Leben Eltern getrennt und hat ein Elternteil das alleinige Sorgerecht, kann der andere beantragen, ihm die elterliche Sorge ganz oder teilweise zu übertragen. Dabei muss das Gericht zwei Prüfungen vornehmen.

Bei der so genannten doppelten Kindeswohlprüfung wird zunächst ermittelt, ob das gemeinsame Sorgerecht dem Kindeswohl am besten entspricht. Ist dies nicht der Fall, muss geprüft werden, ob die Übertragung auf den anderen Elternteil für das Kind das Beste wäre.

Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf Antrag
In dem von dem Oberlandesgericht Brandenburg an der Havel entschiedenen Fall ging es um die elfjährige Tochter von nicht miteinander verheirateten Eltern. Die Mutter hatte zunächst das alleinige Sorgerecht. Die Eltern führten mehrere Verfahren vor dem Familiengericht.

Im November 2013 zog die Mutter plötzlich und ohne vorherige Ankündigung mit ihrer Tochter in den Iran. Das Amtsgericht entzog ihr das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Tochter und später die gesamte elterliche Sorge. Zum Vormund wurde das Jugendamt bestellt.

Im Dezember 2014 kehrte die Mutter mit ihrer Tochter nach Deutschland zurück. Das Kind wurde fremduntergebracht. Auf Antrag des Vaters bestätigte das Amtsgericht im Juni 2016 den Entzug der elterlichen Sorge der Mutter. Das Sorgerecht übertrug es auf den Vater. Die Mutter legte gegen diese Entscheidung Beschwerde ein.

Jedoch ohne Erfolg: Das Oberlandesgericht bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts.

Kindeswohlprüfung bei Übertragung des Sorgerechts
Bei einem Antrag auf Übertragung des alleinigen Sorgerechts von dem einen auf den anderen Elternteil wird eine doppelte Kindeswohlprüfung durchgeführt. Es muss geprüft werden, ob es die Lebenssituation der getrenntlebenden Eltern erlaubt, ein gemeinsames Sorgerecht festzulegen. Wäre dies aber dem Kindeswohl abträglich, kommt dies nicht in Betracht.

In dem Fall gab es tiefgreifende Konflikte der Eltern untereinander. Eine gemeinsame Ausübung der Elternverantwortung setzt aber ein Mindestmaß an Übereinstimmung in den wesentlichen Bereichen voraus. Hier war aber keine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern vorhanden.

Das gemeinsame Sorgerecht wäre in diesem Fall also für das Kindeswohl abträglich. Im nächsten Schritt muss dann geprüft werden, ob die Übertragung auf den anderen Elternteil für das Kind besser wäre. Es kommt darauf an, ob der andere Elternteil besser in der Lage ist, die Entwicklung und Erziehung des Kinds zu fördern. Diese Kindeswohlprüfung wird anhand der Kriterien Kontinuitätsgrundsatz, Bindungen des Kinds, Kindeswille und Förderungsgrundsatz vorgenommen. In dem vorliegenden Fall befand das Gericht, dass vor allem der Förderungsgrundsatz sowie die Kontinuität für den Vater sprach. Daher bestätigte das Oberlandesgericht die Entscheidung der ersten Instanz.

Oberlandesgericht Brandenburg am 19. März 2018 (AZ: 10 UF 88/16)