Beschlüsse Scheidung

Verfahrenskostenhilfeantrag: klar erkennbarer Trennungswillen

28.09.2021

(red/dpa). Immer wieder kommt es vor, dass nur ein Ehepartner die Scheidung will, der andere jedoch an der Ehe festhalten möchte. In einem solchen Fall kann es wichtig sein, dass der scheidungswillige Ehepartner seinen dauerhaften Trennungswunsch belegen kann.

Das Paar hatte 2002 geheiratet. Der Mann war drogenabhängig und immer wieder straffällig geworden. Zum Zeitpunkt des Scheidungsantrags verbüßte er eine Haftstrafe. Während der Ehe hatte er lediglich sporadisch gearbeitet und Hilfstätigkeiten ausgeübt. Seine Frau dagegen war bis zu einer Erkrankung durchgehend voll berufstätig gewesen.

Ehepartner im Gefängnis – trotzdem Versorgungsausgleich?
Mit ihrem Scheidungsantrag am 14. Februar 2020 beantragte die Frau, den Versorgungsausgleich auszuschließen. Dieser wäre „grob unbillig“. Ihr Mann habe Straftaten verübt. Zudem sei sie aufgrund ihrer Erkrankung und dem Bezug von Erwerbsunfähigkeitsrente nicht mehr in der Lage, Verluste bei den Versorgungsanwartschaften zu kompensieren, während dies ihrem wesentlich jüngeren Mann noch möglich sei. Auch sei sie ständigen Einschüchterungen, Drohungen und Handgreiflichkeiten ihres Mannes ausgesetzt gewesen und habe für ihn Geldstrafen bezahlen müssen. Die Frau ging von einer Trennung im Frühjahr 2018 und aus und behauptete, die Trennungsabsicht ihrem Mann mitgeteilt zu haben.

Der Mann sah das anders. Seine Frau habe ihm niemals deutlich zu verstehen gegeben, dass sie nicht mehr mit ihm leben wolle. Sie habe ihn bereits zweimal in der Haft besucht und ihn finanziell unterstützt. Es habe kurz vor der Inhaftierung im Jahr 2019 auch noch intimen Kontakt gegeben.

Vor Gericht hatte die Frau teilweise Erfolg. Dass seine Frau sich trennen wolle, habe er spätestens ab Dezember 2019 gewusst, als er vom Gericht im Rahmen des Prüfungsverfahrens den Verfahrenskostenhilfeantrag zur beabsichtigten Scheidung erhalten habe. Von da an habe er davon ausgehen müssen, dass seine die Frau Scheidung wolle.

Scheidung: Versorgungsausgleich auch bei Straftaten
Der Versorgungsausgleich werde allerdings durchgeführt. Zwar sei es dem noch nicht 50 Jahre alten Mann theoretisch möglich, Versorgungsanrechte hinzuerwerben, was die Frau höchstwahrscheinlich nicht mehr könne. Schaue man sich jedoch die Erwerbsbiographie ihres Manns an, sei dies eher unwahrscheinlich. Außerdem sei zu bedenken, dass diese Umstände bei der Heirat bereits bestanden und während der Ehe fortdauerten. Sie hätten also das gemeinsame Leben und die Lastenverteilung geprägt. Die Straftaten des Manns seien ebenfalls nicht erheblich genug, um den Ausschluss des Versorgungsausgleichs zu rechtfertigen.

Dasselbe gelte für die Handgreiflichkeiten, Einschüchterungen und die Belastung durch Abtragen von Geldstrafen und anderen Verbindlichkeiten. Was das persönliche Fehlverhalten eines Ehepartners betreffe, müsse dies entweder eine erhebliche Straftat darstellen oder ganz besonders ins Gewicht fallen. Das sei etwa dann der Fall, wenn der Ehepartner seine Pflichten lange Zeit nachhaltig oder unter besonders kränkenden Begleitumständen verletzt habe. Als Beispiel nannte das Gericht Prostitution ohne Kenntnis des anderen Ehepartners.

Oberlandesgericht Zweibrücken am 21. April 2021 (AZ: 2 UF 159/20)