Beschlüsse Scheidung

Verzicht auf Morgengabe bei islamischer Scheidung – kein Anspruch nach deutschem Recht

26.07.2023

(red/dpa). Nach islamischem Rechtsverständnis gehört eine Morgengabe zu einer Eheschließung. Erfolgt eine islamische Scheidung unter Verzicht auf die Morgengabe, hat die Frau auch nach deutschem Recht keinen Anspruch auf diese.

Das aus Afghanistan stammende Paar hatte 2007 in seiner Heimat geheiratet. Als Mitgift wurden Goldmünzen im Wert von rund 130.000 Euro festgelegt. Inzwischen leben beide in Deutschland, ein Scheidungsverfahren läuft.

Ein Mullah hatte die Scheidung nach islamischen Recht ausgesprochen. In dem von beiden Ehepartnern unterzeichneten Schriftstück heißt es:

„Da bezüglich der Ehe zwischen … keine Einigung erreicht werden konnte, haben die beiden mir [dem Mullah, d. Red.] die Vollmacht erteilt, bei Verzicht auf die Mitgift, die religiöse Rede zur Legitimation der Scheidung auszusprechen. Ich habe diese Rede im Beisein von Zeugen ausgesprochen.“

Trotzdem war die Frau der Meinung, dass ihr die Mitgift zustehe. Sie habe darauf nur nach islamischen, nicht jedoch nach deutschem Recht verzichtet. Um ihren Anspruch gerichtlich durchsetzen zu können, beantragte sie Verfahrenskostenhilfe.

Das Gericht versagte der Frau diese wegen fehlender Erfolgsaussicht. Sie habe mit dem unterzeichneten Schriftstück auf die vereinbarte Morgengabe verzichtet, um so die islamische Scheidung zu ermöglichen.

Frau verzichtet auf Morgengabe bei islamischer Scheidung
Das religiös und kulturell geprägte Versprechen der Morgengabe sei Voraussetzung für die Ehe. Man müsse von einer bindenden Verpflichtung ausgehen. Der vereinbarte Verzicht auf die Morgengabe wirke spiegelbildlich: Der Verzicht sei offenkundig ebenso Voraussetzung für die islamische Scheidung gewesen, wie das Versprechen Voraussetzung für die Heirat.

Vor diesem Hintergrund führe der Verzicht, auf den deutsches Recht anzuwenden sei, dazu, dass die Forderung der Frau erlösche. Das Schuldverhältnis erlösche, „wenn der Gläubiger dem Schuldner durch Vertrag die Schuld erlässt“ (§ 397 BGB).

Der Mann habe die Erklärung seiner Frau als tatsächlichen Verzicht verstehen dürfen, um so die islamische Scheidung zu erreichen, die ihr offensichtlich wichtig gewesen sei.

Oberlandesgericht Celle am 24. Januar 2023 (AZ: 17 WF 8/23)