Beschlüsse Scheidung

Scheidung im Härtefall nicht möglich

26.02.2015

(dpa). Bei einer Scheidung müssen stets die Interessen beider Parteien an der Eheauflösung berücksichtigt werden. Überwiegt aus besonderen Gründen das Interesse einer Partei an der Aufrechterhaltung der Ehe, kann das Gericht einen Scheidungsantrag ablehnen. 

Das ist etwa dann der Fall, wenn ein schwer kranker Ehepartner im Scheidungsfall von der Ausweisung aus Deutschland bedroht ist. Die Interessen beider Parteien müssen jeweils abgewogen werden. Überwiegen aus existenziellen Gründen die Interessen eines Ehepartners, die Ehe aufrecht zu erhalten, kann der Scheidungsantrag abgelehnt werden. 

Aufenthaltsrecht in Deutschland gefährdet

Die syrische Ehefrau eines deutschen Staatsangehörigen erkrankte an Alzheimer und lebt nun in einem deutschen Pflegeheim. Nach Einweisung der Frau in das Heim besuchte der Ehemann sie beinahe täglich und stellte auch beim Pflegepersonal mit Nachdruck die adäquate Versorgung seiner Frau sicher. Nach drei Jahren beantragte der Mann die Scheidung mit der Begründung, dass er keine „eheliche Bindung mehr fühle“ und „die Ehe für gescheitert“ halte. 

Das Gericht lehnte den Antrag auf Scheidung ab und verwies auf die „schwere Härte“ der Umstände und die Folgen einer Scheidung für die Frau. Der Aufenthalt der Syrerin in Deutschland sei nur durch die Ehe mit ihrem deutschen Mann gesichert. 

Besondere Härte der Umstände

Da beide Ehepartner dauerhaft in Deutschland lebten, gelte das deutsche Eherecht. Danach könne eine Ehe geschieden werden, wenn sie als gescheitert gesehen werde. Dies geschehe, wenn die Ehegatten länger als drei Jahre voneinander getrennt lebten. In diesem Fall seien die drei Jahre Trennung durch die Einweisung der erkrankten Ehefrau in die Pflegeeinrichtung gegeben. Da die Scheidung jedoch die Ausweisung der syrischen Ehefrau aus Deutschland bedeutet hätte, lehnte das Gericht den Scheidungsantrag aufgrund der besonderen Härte ab.

Das Interesse der Ehefrau an der Aufrechterhaltung der Ehe sei von existenzieller Bedeutung, da dadurch ihr Aufenthalt in Deutschland und in dem Pflegeheim gesichert sei. Der Mann habe lediglich das „Gefühl“, keine ehelichen Bindungen mehr zu haben. Im Gegensatz zu den schwerwiegenden Gründen seiner erkrankten Frau habe er seinerseits somit keine gewichtigen Gründe für die Scheidung. Hinzu kämen die regelmäßigen Besuche des Mannes in dem Pflegeheim sowie sein Verhalten dort, das dem eines Ehemannes entspreche.

Amtsgericht Berlin Tempelhof-Kreuzberg am 27. März 2014 (AZ: 177 F 10637/13)