Beschlüsse Unterhalt

Auch Schwerkranke können heiraten

11.10.2010

Das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) hatte zu entscheiden, ob ein Schwerkranker, der an schwerem Gedächtnisverlust leidet, überhaupt heiraten kann. Er kann, so die Richter. Dies ergebe sich aus den Grundrechten des Mannes.

Das Paar heiratete am 21. Oktober 2008. Die Trauung fand wegen der Erkrankung des Ehemannes nicht im Standesamt, sondern im Pflegeheim statt. Der Mann leidet unter anderem unter dem so genannten Korsakow-Syndrom, bei dem sich der Patient nichts merken kann. Er wurde deswegen medizinisch behandelt. Das brandenburgische Innenministerium klagte als zuständige Verwaltungsbehörde auf Aufhebung der Ehe wegen der Erkrankung des Ehemannes. In erster Instanz hatte die Klage Erfolg: Die Ehe wurde aufgehoben. Doch die Ehefrau legte Berufung ein.

Mit Erfolg. Die Richter am OLG wiesen die Eheaufhebungsklage ab. Damit besteht die Ehe weiter.

Das Grundgesetz garantiere die Freiheit zur Eheschließung, führten die Richter zur Begründung aus. Deshalb könne eine einmal geschlossene Ehe nur aufgehoben werden, wenn bei einem Ehegatten am Tag der Eheschließung die Einsicht in die Bedeutung der Eheschließung und die Freiheit des Willensentschlusses zum Eingehen der Ehe beeinträchtigt gewesen sei. Im zu entscheidenden Fall habe die Krankheit des Ehemannes weder seine Einsichtsfähigkeit noch die Freiheit seiner Willensentscheidung in Bezug auf die Eheschließung beeinträchtigt.

Bei seiner Entscheidung berücksichtigte das OLG die Aussagen der behandelnden Ärzte sowie der Standesbeamtin. Die Ärzte hätten erklärt, die Gedächtnisleistung des Ehemannes sei nicht vollständig aufgehoben gewesen. Durch die Neueinstellung der Medikamente im Jahr vor der Eheschließung habe sich sein Zustand deutlich verbessert. Der Ehemann habe sie immer erkannt und ihnen auch bestätigt, dass er heiraten wolle. Die Standesbeamtin, die die Eheleute getraut habe, habe einen früheren Eheschließungstermin abgelehnt, weil der Ehemann zu dieser Zeit starke Schmerzmittel habe nehmen müssen. Es habe deshalb die Gefahr bestanden, dass er aufgrund des Einflusses der Medikamente die Tragweite einer Eheschließung nicht hätte erfassen können. Die Standesbeamtin habe sich dann jedoch vor der Eheschließung die Atteste der Ärzte vorlegen lassen und den Ehemann vor der Trauung gefragt, ob er wisse, weshalb sie hier sei. Hierauf habe er derart reagiert, dass sie keine Zweifel gehabt habe, dass er die für die Eheschließung notwendige Geschäftsfähigkeit besitze.