Beschlüsse Unterhalt

Dreijähriges Kind: Entscheidung über Religionszugehörigkeit noch nicht notwendig

03.05.2016

(red/dpa). Gehören die getrennt lebenden Eltern unterschiedlichen Religionen und Kulturkreisen an, ist es trotzdem nicht notwendig, über die Religionszugehörigkeit des gemeinsamen dreijährigen Kinds zu entscheiden. Voraussetzung ist allerdings, dass Mutter und Vater religiöse Toleranz walten lassen. Das entschied das Oberlandesgericht Karlsruhe am 3. Mai 2016 (AZ: 20 UF 152/15). 

Nach der Trennung der Eltern lebt das Kind bei der Mutter, die wieder verheiratet ist und in ihrer neuen Familie den evangelischen Glauben praktiziert. Der Vater ist türkischer Abstammung und in Deutschland geboren. Er neigt dem moslemischen Glauben zu. Die Eltern teilen sich das Sorgerecht.

Ursprünglich hatte die Mutter das Sorgerecht für sich allein haben wollen. Sie war der Meinung, dass sie und der Vater bezüglich der religiösen und kulturellen Entwicklung des Sohnes nicht zusammenarbeiten könnten. Sie wollte ihn im christlichen Glauben erziehen. Während des Umgangs mit dem Vater werde der Sohn jedoch von diesem gegen den christlichen Glauben eingestellt, so die Mutter, und zu Gunsten muslimischer Glaubensgrundsätze beeinflusst. Zuletzt beantragte sie, ihr das Recht zur Entscheidung über die Religionszughörigkeit des Kindes zu übertragen. Dem stimmte das Familiengericht zu. Gegen diesen Beschluss legte der Vater Beschwerde ein.

Er meinte, eine Entscheidung über die Religionszugehörigkeit des Kindes sei aufgrund seines geringen Alters von knapp drei Jahren nicht erforderlich, auch wenn Mutter und Vater das Kind je in ihre eigene Religion einführten. Er wünsche sich religiöse Toleranz der Eltern. Dies würde auch den zwischen ihnen bestehenden Konflikt entschärfen.

Gleichwertige Elternrechte beider Eltern

Das sah das Oberlandesgericht ähnlich. Derzeit sei eine Entscheidung über die Religionszugehörigkeit des Kindes noch nicht notwendig. Maßgebend hierfür sei im Wesentlichen das geringe Alter des Kindes. Es sei daher noch nicht in der Lage, religiöse Fragen zu verstehen. Er ahme lediglich das Verhalten seiner Eltern nach, ohne hiermit Sinnhaftes verknüpfen zu können.

Die Richter wiesen darauf hin, dass die Elternrechte beider Eltern grundsätzlich gleichwertig seien. Daher könne nur das Kindeswohl einen Eingriff in das Elternrecht des jeweils benachteiligten Elternteils rechtfertigen. Eine Gefährdung des Kindeswohls konnte das Gericht jedoch nicht erkennen.

Religiöse Toleranz entscheidend

Der Sohn werde bei seinen Aufenthalten in der mütterlichen Familie und beim Vater ständig mit unterschiedlichen Praktiken der Religionsausübung konfrontiert. Eine Entscheidung über sein religiöses Bekenntnis löse dieses Spannungsverhältnis nicht. Vielmehr liege es bei den Eltern, religiöse Toleranz gegenüber dem jeweils anderen zu üben und so unnötige Spannungen für das Kind zu vermeiden. Das vorausgesetzt sei kein stärker werdender Loyalitätskonflikt des Kindes zu erwarten, so dass es heute nicht dem Kindeswohl entspreche, eine Entscheidung über seine Religionszugehörigkeit zu fällen.