Beschlüsse Unterhalt

Ehemann verletzt Frau im Streit – Schmerzensgeld nach Trennung

20.05.2022

(red/dpa). Verletzt ein Ehepartner den anderen im Streit, kann der Verletzte auch noch nach mehreren Jahren Anspruch auf Schmerzensgeld haben.

In einem Streit verletzte der Ehemann seine Frau so stark an der Nase, dass sie operiert werden musste. Die Frau erhielt daraufhin die gemeinsame Wohnung im Rahmen einer einstweiligen Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz zur vorläufigen alleinigen Nutzung. Noch vor Ablauf des festgesetzten Zeitraums zog der Mann mit Einverständnis seiner Frau wieder ein.

Rund drei Jahre später trennte sich das Ehepaar endgültig. Etwa zwei Monate danach forderte die Frau von ihrem früheren Partner unter anderem Schmerzensgeld in Höhe von 3.000 Euro. Der Mann weigerte sich zu zahlen. Vor allem begründete er das damit, dass er und seine Frau sich nach dem Streit wieder versöhnt und über drei Jahre wieder als Paar zusammengelebt hätten. Die Geltendmachung von Schmerzensgeld sei daher verwirkt.

Nach Streit wieder versöhnt: Anspruch auf Schmerzensgeld verwirkt?
In erster Instanz hatte der Mann Erfolg. Das Oberlandesgericht gab dann jedoch der Frau Recht und sprach ihr Schmerzensgeld in Höhe von 1.900 Euro zu. Die Geltendmachung von Schmerzensgeld sei nicht verwirkt. Verwirkung bedeute, dass der Schuldner – also hier der Mann – nach einer gewissen Zeit wegen Untätigkeit des Gläubigers – hier der Ehefrau – davon ausgehen dürfe, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde.

Das sei hier jedoch eben nicht der Fall. Der Mann habe zum Zeitpunkt der Versöhnung nicht erwarten können, dass allein der Versuch erneuten Zusammenlebens zum Verzicht auf bisher entstandene Ansprüche führen würde.
Die Versöhnung hätte allenfalls der Startpunkt für eine Entwicklung sein können, die zusammen mit weiteren Ereignissen eine solche Annahme gerechtfertigt hätte.

Bei der Höhe des Schmerzensgelds berücksichtigte das Gericht den Zeitabstand von rund drei Jahren, bis die Frau ihre Ansprüche geltend gemacht habe. Nach dieser Zeitspanne bestehe das Bedürfnis der Frau nach Genugtuung „bei weitem nicht mehr im gleichen Umfang ... wie unmittelbar nach dem schädigenden Ereignis.“

Oberlandesgericht Nürnberg am 25. Januar 2022 (AZ: 11 UF 801/21)