Beschlüsse Unterhalt

Eingetragene Lebenspartnerschaft als Vormund eines Pflegekindes

25.11.2016

(DAV). Es gibt im Familienrecht noch immer Unterschiede zwischen Ehepaaren und eingetragenen Lebenspartnerschaften. Das Amtsgericht in München hat jetzt zumindest im Bereich der Bestellung von Vormündern eine Regelungslücke so geschlossen, dass keine Diskriminierung von eingetragenen Lebenspartnerschaften vorliegt.

Es hat am 18. Mai 2016 (AZ: 551 F 7061/12 RE) entschieden, dass zwei Partnerinnen einer eingetragenen Lebensgemeinschaft gemeinsam als Vormünder für ein Pflegekind bestellt werden können. Es bezog sich auf den Gleichheitsgrundsatz der Verfassung und auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Eingetragene Lebenspartnerschaft als Pflegefamilie
Zwei Frauen, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, nahmen 2008 einen Jungen auf – als Pflegefamilie. Wo die Mutter des Kindes lebt, ist unbekannt. Die Vormundschaft hatte ein katholischer Verein.

Die Pflegemütter beantragten beim Amtsgericht München die gemeinschaftliche Vormundschaft für den Jungen. Gegenüber der zuständigen Rechtspflegerin bestätigte auch der Junge, dass er gerne möchte, dass seine beiden Pflegmütter für ihn Entscheidungen treffen. Auch das Jugendamt hielt die beiden Pflegemütter für geeignet und unterstützte diesen Wunsch. Im Mai 2016 entschied die Rechtspflegerin, dass der Verein als Vormund entlassen und die beiden Pflegemütter gemeinsam seine neuen Vormünder würden.

Gericht: Keine Diskriminierung eingetragener Lebenspartnerschaft im Vergleich zur Ehe
Nach der Auffassung des Amtsgerichts ist dieser Fall nicht im Gesetz geregelt. Es liege eine „Regelungslücke“ vor. Nach dem BGB (§ 1775 Satz 2) soll grundsätzlich nur ein Vormund bestellt werden. Es kann aber besondere Gründe geben, warum mehrere Vormünder bestellt werden. Die Vorschrift lässt aber auch zu, dass bei einem Ehepaar beide Partner gemeinschaftlich zu Vormündern bestellt werden können.

Da dies jedoch nur für Ehepartner gilt, nicht jedoch für eine eingetragene Lebenspartnerschaft liegt nach Ansicht des Gerichts eine Diskriminierung der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft vor.

Das Gericht in München bezog sich auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Februar 2013 (AZ: 1 BvL 1/11). Dort hatte das höchste Gericht festgestellt, dass es eine Diskriminierung bei der Annahme eines adoptierten Kindes des Lebenspartners durch den anderen gebe. Bis dahin war einem Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft die Möglichkeit der Annahme eines adoptierten Kindes des anderen Lebenspartners (Sukzessivadoption) verwehrt. Gleichzeitig bestand aber die Möglichkeit der Annahme eines adoptierten Kindes des Ehepartners und die Möglichkeit der Annahme eines leiblichen Kindes des eingetragenen Lebenspartners (Stiefkindadoption). Damit würden sowohl die betroffenen Kinder als auch die betroffenen Lebenspartner in ihrem Recht auf Gleichbehandlung verletzt (Art. 3 Abs. 1 GG), so das Bundesverfassungsgericht. In Folge dieser Entscheidung hat der Gesetzgeber die entsprechende Vorschrift abgeändert, so dass es jetzt für gleichgeschlechtliche Lebenspartner ein Sukzessivadoptionsrecht für beide gebe.

Daraus schloss das Gericht in München: Wenn der Gesetzgeber dies bei der Sukzessivadoption zulasse, müsse es dann auch möglich sein, dass eingetragene Lebenspartner gemeinschaftlich zu Vormündern bestellt werden. Und zwar ohne dass hierfür besondere Gründe vorliegen müssten.

Die Bestellung nur einer Pflegemutter würde im Übrigen auch dem Kindeswohl widersprechen, da sich beide gleichwertig um den Jungen kümmerten. Schon alleine deswegen wäre es diskriminierend, nach der „Würfelmethode“ nur einen Vormund auszuwählen und hierdurch die andere Pflegemutter grundlos im Familienverband zurückzusetzen.