Beschlüsse Unterhalt

Elternrecht auf Umgang mit dem Kind – im Zweifelsfall entscheidet Kindeswohl

19.03.2018

(red/dpa). Das Recht auf Umgang mit dem eigenen Kind hat grundrechtlich und menschenrechtlich einen sehr hohen Rang. Entsprechend müssen massive Gründe vorliegen, wenn einem Elternteil dieser verwehrt wird. Zentral ist bei jeder Entscheidung das Kindeswohl.

Der Mann hatte Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt. Er wollte gerichtlich erreichen, dass ihn das Jugendamt bei Herstellung und Begleitung von Umgangskontakten mit seiner Tochter unterstützt. Das Gericht gewährte Prozesskostenhilfe, da es ausreichend große Erfolgsaussichten sah.

Das Jugendamt hatte abgelehnt, weil es das Wohl des Kinds durch begleitete Umgangskontakte mit dem Vater gefährdet sah, es sich also um keinen „geeigneten Fall“ handele.

Genau dies müsse das Gericht nun prüfen, so die Richter. Dem Recht der Eltern auf Umgang mit ihrem Kind – und umgekehrt – komme ein hoher Rang zu. Deswegen könne dieser Umgang auch nur unter sehr strengen verfassungsrechtlichen Anforderungen eingeschränkt werden. Richtschnur einer Entscheidung darüber sei immer das Kindeswohl. Das genieße in einem Konfliktfall auch Vorrang vor den Elterninteressen.

Umgangsrecht mit dem Kind hat hohen Stellenwert – Einschränkung nur unter strengen Voraussetzungen
Zwar sei das Jugendamt ausschließlich dem Kindeswohl verpflichtet, trotzdem müsse bei der Entscheidung, ob es sich um einen ‚geeigneten Fall‘ handele, der hohe Stellenwert des Umgangsrechts eine Rolle spielen.

Vor diesem Hintergrund reichten bloße Unannehmlichkeiten für das Kind nicht aus, um eine negative Entscheidung zu treffen. Es müsse sich schon um eine Beeinträchtigung oder Gefährdung des Kindeswohls handeln. Diese bestehe, „wenn eine gegenwärtige oder zumindest unmittelbar bevorstehende Gefahr für die Kindesentwicklung abzusehen ist, die bei ihrer Fortdauer eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls des Kindes mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt“. Als Beispiele nannte das Gericht Kindesmisshandlung, sexuelle Gewalt und Vernachlässigung.

Sollte der Vater wirklich aggressiv und gewalttätig sein, rechtfertige das eine Beschränkung des Umgangs nur dann, wenn diese Verhaltensweisen mit Blick auf den Umgang mit seinem Kind von Bedeutung wären.

Das gleiche gelte auch im Hinblick auf etwaige Drohungen des Mannes gegenüber der Mutter des gemeinsamen Kinds. Es liege auf der Hand, dass allein deren geäußerte Angst, der Vater könne das Kind verschleppen, keine Grundlage für eine Verweigerung von Umgangskontakten sei. Eine Gefährdung des Kindswohls konnte das Gericht auch nicht darin sehen, dass man nicht einschätzen könne, wie das Kind auf den Vater reagieren werde. Das Jugendamt müsse das Kind eben entsprechend vorbereiten.

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen am 22. Februar 2017 (AZ: 12 E 780/16)