Beschlüsse Unterhalt

Krankheit ist ein Faktor bei Bemessung des Unterhaltes

04.10.2011

Erkrankt der Unterhaltsberechtigte jedoch und kann den Beruf nach der

Trennung deswegen nicht mehr ausüben, entfällt dieser ehebedingte

Nachteil. Er ist dann jedoch immer noch ein Faktor bei der Bestimmung des Maßes der nachehelichen Solidarität.

Der frühere Ehemann zahlte an seine Ex-Frau Unterhalt. Die Frau war vor der Ehe als Arzthelferin tätig gewesen, hatte diesen Beruf jedoch während der Ehe nicht mehr ausgeübt. Inzwischen litt sie unter einer chronischen Erkrankung. Laut Gutachten konnte die Frau aufgrund ihrer Krankheit unter anderem nur maximal halbschichtig und im Wechselrhythmus arbeiten.

Vor Gericht erreichte der Mann eine Befristung seiner Unterhaltszahlungen bis Ende 2016. Hiergegen wollte die Frau in Berufung gehen. Ihrer Meinung nach hatte sie dauerhafte ehebedingte Nachteile durch die Rollenverteilung in der Ehe erlitten. Sie habe ihren erlernten Beruf als Arzthelferin aufgegeben und könne nun aufgrund der langen Berufspause in diesem Beruf nicht mehr arbeiten. Sie beantragte Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren.

Diese versagte ihr das Gericht, da die Richter keine Erfolgsaussichten sahen. Zwar sei es grundsätzlich denkbar, dass eine einmal erworbene berufliche Qualifikation durch die Aufgabe dieser Tätigkeit während der Ehe und der damit verbundenen langen Berufspause entwertet werde, so die Richter. Auch könne sich daraus ein dauerhafter ehebedingter Nachteil ergeben. Doch im vorliegenden Fall sei der Grund, warum die Frau nicht mehr in ihrem Beruf vollschichtig arbeiten könne, nicht die eheliche Rollenverteilung, sondern eine Erkrankung, also „ein schicksalhaftes Ereignis“. Nur wegen der gesundheitsbedingten Einschränkungen sei sie nicht mehr in der Lage, den Beruf einer Arzthelferin auszuüben. Damit bleibe die Aufgabe der Berufstätigkeit noch ein Faktor zur Bestimmung des Maßes der nachehelichen Solidarität.

Zugunsten der Frau sei bei dieser Abwägung zu berücksichtigen, dass sie während der Ehe ihren Beruf aufgegeben und überwiegend die Haushaltsführung und Versorgung der gemeinsamen Kinder übernommen habe. Auch die 15-jährige Dauer der Ehe spreche gegen einen kurzen Befristungszeitraum. Auf der anderen Seite habe der Mann bereits seit Januar 2002 in erheblichem Umfang – zuletzt monatlich 800 Euro – Trennungsunterhalt gezahlt. Bis Ende 2016 werde er einschließlich des Trennungsunterhalts insgesamt 14 Jahre, also über einen Zeitraum, der fast der Ehedauer entspreche, erhebliche Unterhaltsbeträge an seine frühere Frau geleistet haben. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die Frau Alleineigentümerin des früheren gemeinsamen Einfamilienhauses sei. Dieses trage auch nach Beendigung der Unterhaltszahlung dazu bei, ihren weiteren Lebensunterhalt zu sichern. Unter Berücksichtigung dieser Umstände entspreche eine Befristung der Unterhaltszahlungen bis zum 31. Dezember 2016 auch dem Erfordernis der nachehelichen Solidarität.

Beschluss des Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgerichts vom 04. Oktober 2010 (Az: UF 78/10)