Beschlüsse Unterhalt

Schulwahl: Entscheidung kann auf einen Elternteil übertragen werden

12.08.2020

(red/dpa). Getrenntlebende Eltern mit gemeinsamem Sorgerecht können sich bisweilen über bestimmte Punkte nicht einigen. Betrifft das etwa die Schule, die ihr Kind besuchen soll, kann das Gericht die Entscheidungsbefugnis einem Elternteil übertragen.

Die Eltern des Mädchens leben getrennt und teilen sich das Sorgerecht für die gemeinsame Tochter. Als das Mädchen eingeschult werden musste, konnten die Eltern sich nicht über die Schule einigen. Der Vater wollte die Tochter auf einer Regelgrundschule einschulen, die Mutter hingegen unbedingt auf einer Waldorfschule. Der Vater hatte grundsätzliche Bedenken gegen diese Schulform. Darüber hinaus meinte er, für seine Tochter wäre es besser, wenn sie gleich lerne, wie es in einer Regelschule ablaufe, wie sie sich gegen andere durchsetze und in Wettbewerb um Noten trete.

Das Amtsgericht entschied, der Mutter in dieser Frage die Entscheidung zu überlassen. Im Wege einer einstweiligen Anordnung erhielt sie die alleinige Entscheidungsbefugnis über die Anmeldung zur Grundschule. Können sich Eltern in einer bestimmten Frage nicht einigen, kann das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils die Entscheidung einem Elternteil übertragen. Das gilt dann, wenn die Regelung der Angelegenheit für das Kind von erheblicher Bedeutung ist – wie eben die Wahl der Schule.

Gericht kann Entscheidung über Schule einem Elternteil übertragen
Maßstab für die Entscheidung des Gerichts ist dabei das Kindeswohl. Auch dürfen die Richter lediglich entscheiden, welchem Elternteil sie die Entscheidungskompetenz übertragen. Eine Entscheidung in der Sache dürfen sie dagegen nicht treffen.

Lebensmittelpunkt bei der Mutter – sie entscheidet über Wahl der Schule
Für die Mutter sprachen aus Sicht des Gerichts im Wesentlichen zwei Gesichtspunkte.

  • Da das Kind seinen dauerhaften Lebensmittelpunkt bei der Mutter hat, ist diese ganz überwiegend von den Folgen der Entscheidung betroffen und muss den Großteil der Umsetzung organisieren.
  • Die Mutter hat sich intensiv – tiefergehend als der Vater – mit den Schultypen beschäftigt und mit ihrer Tochter Grundschule und Waldorfschule selbst besucht.

Darüber hinaus habe die Tochter angegeben, sie wolle unbedingt auf die Waldorfschule gehen. Der Wille des erst sechsjährigen Kinds sei zu berücksichtigen. Allerdings, schränkten die Richter ein, sei diesem in aller Regel altersbedingt kein entscheidendes Gewicht zuzumessen. Zudem habe die Mutter dem Kind offenbar suggeriert, dass es in der Regelschule nicht freundlich empfangen würde. Auch daher dürfe man an einer stabilen Willensbildung bei dem Kind zweifeln. Allerdings sei ganz offensichtlich, dass der Schulbesuch in der Waldorfschule für die Tochter ganz besonders positiv belegt sei, der Besuch einer Regelschule dagegen negativ.

Amtsgericht Frankenthal am 25. Juni 2020 (AZ: 71 F 79/20 eA)