Beschlüsse Unterhalt

Unterhalt: Erwerbsobliegenheit für volljährige Kinder

25.06.2020

(red/dpa). Normalerweise müssen erwachsene Kinder für ihren Unterhalt selbst aufkommen. Sind sie allerdings aufgrund einer chronischen Krankheit daran gehindert, können sie gegenüber ihren Eltern Anspruch auf Unterhalt haben. Wie wird die Bedürftigkeit eines Volljährigen berechnet?

An die Prüfung der Bedürftigkeit von Volljährigen sind strenge Anforderungen zu stellen. Selbst wenn sie nur bis zu drei Stunden pro Tag arbeiten können, haben sie eine so genannte Erwerbsobliegenheit. Das heißt, sie sind verpflichtet zu arbeiten. Diese Pflicht zu arbeiten ist mit der gesteigerten Erwerbsobliegenheit von Eltern minderjähriger Kinder vergleichbar, so das Oberlandesgericht Frankfurt am Main. Ein Anspruch auf Unterhalt liegt aber meist vor, wenn die Kinder sich noch in der Ausbildung befinden.

Kindesunterhalt für Volljährige?
Der volljährige Sohn leidet unter psychischen Erkrankungen. Unter anderem wegen einer Schizophrenie steht er seit Jahren unter Betreuung. Im Jahre 2014 ergab ein Gutachten der Rentenversicherung, dass der Mann vollständig erwerbsunfähig ist. Daraufhin wurde die Zahlung der Grundsicherung für Arbeitssuchende (SBB II) eingestellt, und er erhielt Sozialhilfe (SGB XII).

Der Träger der Sozialhilfe wandte sich an den Vater und verlangte Unterhalt für den Sohn. Der Vater jedoch meinte, der Sohn sei nicht dauerhaft erwerbsunfähig. Zumindest müsse ein fiktives Einkommen des Sohns berücksichtigt werden. Schließlich habe er zwischen den Jahren 2010 und 2015 insgesamt drei Aushilfstätigkeiten mit einer maximalen Dauer von gut zwei Monaten ausgeübt. Auch habe er ein Praktikum absolviert.

Fiktives Einkommen bei Unterhaltsberechnung
Der Sohn und somit der Sozialhilfeträger muss sich ein fiktives Einkommen anrechnen lassen. Dementsprechend wird der Unterhaltsanspruch gegen den Vater gekürzt. Nach Auffassung des Gerichts kann der junge Mann bis zu drei Stunden pro Tag arbeiten. Auch wenn die Agentur für Arbeit ihn in Folge der Erwerbsminderung nicht vermitteln könne, könnte er dennoch befristete Aushilfstätigkeiten übernehmen. Dies hatte er auch in der Vergangenheit getan. Das daraus erzielte Einkommen wird, zur Not auch fiktiv, bei der Bedürftigkeit berücksichtigt.

Oberlandesgericht Frankfurt am 2. Oktober 2010 (AZ: 4 UF 209/18)