Beschlüsse Unterhalt

Unterhaltszahlungen: Ermittlung des Jahresverdienstes trotz unvollständiger Unterlagen

16.12.2022

(DAV). Bei der Einreichung von Unterlagen bei Gericht gelten genaue Vorgaben. Wichtig ist die Aussagekraft. Um die Einkünfte der letzten 12 Monate nachzuweisen, können etwa im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt eines Minderjährigen acht Lohnabrechnungen ausreichend sein, wenn daraus der Jahresnettoeinkommen hervorgeht.

Die Mutter forderte für ihren Sohn Unterhalt vom Vater. Der Vater, der als Reinigungskraft im Jobcenter arbeitete, teilte dem Amtsgericht mit, dass er aktuell einen monatlichen Lohn von durchschnittlich 1.300 Euro erhalte. An die Mutter der beiden Kinder zahle er monatlichen Unterhalt von 150 Euro. Mehr könne er nicht aufbringen, was an seiner gegenwärtigen Einkommenssituation liege sowie daran, dass er als Vater für insgesamt sechs minderjährige Kinder aufkommen solle. Er hatte seiner Mitteilung das ausgefüllte Datenblatt für Einwendungen gegen den Antrag auf Festsetzung von Unterhalt angefügt. Es fehlten allerdings Verdienstbescheinigungen für die letzten zwölf Monate. Das Gericht forderte ihn auf, diese einzureichen.

Ein Jobcenter-Mitarbeiter schrieb dem Gericht am 14. Dezember 2021 eine Mail: Er unterstütze den Mann gelegentlich bei der Beantwortung von Anfragen, da die sprachliche Verständigung nicht immer einfach sei. Er verwies darauf, dass dessen Einkommen Schwankungen unterliege und daher die Unterhaltszahlungen für die Kinder nicht immer gleich hoch seien, sich mindestens aber monatlich auf 150 Euro beliefen. Er hängte der Mail acht Lohnabrechnungen und drei Kontoauszüge an, aus denen Zahlungen an die Kinder hervorgingen. Außerdem war ein Schreiben der Mutter beigefügt, das die monatlichen Überweisungen bestätigte.

Das Amtsgericht verpflichtete den Vater zur Zahlung von laufendem und rückständigem Unterhalt. Er habe trotz Aufforderung die Unterlagen nicht vollständig eingereicht. Der Mann legte Beschwerde ein.

Das Landratsamt nahm zu der Beschwerde Stellung. Es war der Ansicht, dass in diesem Fall Anträge und Erklärungen gegenüber dem Gericht nur schriftlich abgegeben werden könnten. Diese Anforderungen erfülle die E-Mail vom 14. Dezember nicht.

Lohnabrechnungen: Ausgedruckte Mail kann ausreichen
Das sah das Oberlandesgericht anders. Der Mann habe mit seiner Mail und den angehängten PDF-Dateien seine Einwendungen ausreichend geltend gemacht.
Die Unterhaltszahlungen habe er teilweise durch die Kontoauszüge und umfassend durch die Erklärung der Mutter des Kindes belegt. Um seine Leistungsunfähigkeit nachzuweisen, habe er seine Einkünfte der letzten zwölf Monate belegt. Zwar habe er nur acht Lohnabrechnungen vorgelegt. Das spiele aber keine Rolle, da sich aus den Unterlagen der Jahresnettolohn und damit der durchschnittliche Monatsnettolohn entnehmen lasse.

Das Gericht war auch nicht der Meinung, dass die Einwendungen nicht formgerecht vorgebracht worden seien. Zwar genüge die Mail mit den pdf-Anhängen nicht der Formvorschrift. Das Gericht habe jedoch die E-Mail samt Anhängen ausgedruckt und zur Akte genommen. Damit liege ein Schriftstück vor, das dem so genannten Schriftlichkeitsgebot genüge.

Oberlandesgericht Karlsruhe am 3. Mai 2022 (AZ: 18 WF 20/22)